Sie gerieten in die Mühlen der Bauämter: Bernhard und Ruth Thomas-Fehr vor ihrem Haus im Zürcher Industriequartier.
Foto: Reto Oeschger (TA)
Tagesanzeiger© vom 3.2.2011
⇒ Original-Artikel im Tages-Anzeiger©
(www.zumkuckucksei.net/Fundm/hmschutz-TA.html)
Der Tages-Anzeiger berichtet über die Fierz-Häuser im Zürcher Industriequartier. Die Siedlung ist im Inventar der schützenswerten Objekte aufgeführt. Sie wurde in den 1870er-Jahren als erste genossenschaftliche Siedlung Zürichs gebaut. Die Häuser waren kleine, zweistöckige Doppelhäuser und hatten 83m² Wohnfläche pro Wohnung, was heute etwa dem Stand einer Zweizimmerwohnung entspricht.
Szenen aus der Fierz-Siedlung
(aus Google Streetview)
Szenen aus der Fierz-Siedlung
(aus Google Streetview)
Allerdings müssen diese Häuser viel Grün rund herum haben. Sonst hätte sich wohl der Vorsteher des Hochbaudepartements, André Odermatt, kaum zu der Aussage verleiten lassen: “Aufgrund ihrer Ausdehnung erreicht die Siedlung eine hohe städtebauliche Prägnanz und bildet eine grüne Oase mit überdurchschnittlicher Wohnqualität.”
In den 1970er Jahren wollte ein Investor alles abreissen und durch eine Grossüberbauung ersetzen. Der Widerstand im Quartier verhinderte den Abbruch.
Szene aus der Fierz-Siedlung
An einigen Häusern erfolgten sehr unterschiedliche Umbauten und Erweiterungen. Da gibt es welche mit Flachdach, andere haben die Eingänge verändert oder ein grosses Fenster eingebaut, wie ein Schaufenster für einen Laden oder eine Werkstatt. Allen gemeinsam ist, dass die ursprüngliche Bausubstanz im Sparmodus erstellt wurde. Und wo das nicht später im Rahmen des Unterhalts verbessert wurde, bestehen heute akute Mängel.
Ende der 1980er Jahre wurde die Siedlung ins Inventar der schützenswerten Objekte aufgenommen. Was das für die Eigentümer und den Unterhalt dieser Häuser bedeutet, scheint noch heute mehr als fliessend zu sein.
Szenen aus der Fierz-Siedlung
(aus Google Streetview)
Der im Tages-Anzeiger geschilderte Fall zeigt den eine Familie aus dieser Siedlung. Ein Paar kauft ein solches Haus im Jahr 1980. Mit den Kindern wird das Haus aber rasch zu klein. Sie vermieten es an eine WG und ziehen aus der Stadt Zürich weg. 2009, die Kinder sind jetz ausgezogen, möchte das Elternpaar wieder in ihr Stadthaus zurück ziehen.
Doch da müssen sie feststellen, das Haus ist in einem denkbar schlechten Zustand:
Die Eigentümer planen, zusammen mit dem Hochbaudepartement, die Sanierung sowie eine kleine Erweiterung. Die Zusammenarbeit klappt bestens. Es sieht nach keinen Einwänden von Seiten des Amtes aus. Als aber die offizielle Baueingabe erfolgt, heisst es plötzlich, die Erweiterung dürfte nicht bewilligt werden, weil das Haus in diesem Inventar der schützenswerten Objekte aufgeführt ist.
Die Eigentümer ziehen die Baueingabe zurück. Sie erkundigen sich bei der Denkmalpflege bezüglich des Unterhalts. Sie erfahren, «sie seien verpflichtet zum Unterhalt». Immerhin besteht akute Gefahr für Haus und Bewohner. Der Ingenieur rät dazu, sämtliche Dachbalken auszuwechseln; sie seien faul. Und wie macht man das? Man reisst das Dach ab, um es mit neuen Balken wieder genau gleich aufzubauen.
Sobald das Dach weg ist, verfügt die Stadt aufgrund der Denkmalschutz-Auflagen einen Baustopp. Dies vor darum, weil die Stadt vom Baurekursgericht gerügt wurde, sie hätte den Umbau eines Villengartens zu rasch bewilligt, nämlich ohne vorherige gründliche denkmalpflegerische Begutachtung.
Die Ordner füllen sich. Die Briefe gehen hin und her. Das Haus steht schon 10 Monate ohne Dach da, und eine Lösung zeichnet sich noch bei Weitem nicht ab. Die Stadt rechnet noch mit Monaten bis zu einem Entscheid. Doch dann wird es sicher noch Rekurse geben. Der Baustopp dürfte daher noch sicher ein paar Jahre weiter gelten.
Und das Dach darf solange nicht (zwar mit neuen Balken) in den ursprünglichen Zustand gebracht werden!
Und es wird solange noch reinregnen!
Und bis dahin wird das Haus eindeutig ABBRUCHREIF sein!
Und das wohl alles auf Kosten des Eigentümers!
Der Eigentümer wollte nur das Haus in seiner bestehenden Art unterhalten, das heisst erhalten, weil für die Bewohner (wenn nicht auch für Passanten) Lebensgefahr bestand.
Welcher Beamte oder Denkmalpfleger hätte wohl persönlich die Verantwortung übernommen, wenn die Eigentümer einfach zugewartet hätten und es wäre in der Zwischenzeit zum einem (vielleicht) tödlichen Unfall gekommen? Auf diese Art wird Denkmalschutz zur Todesfalle!
Herr Spinner meint dazu, das sei keine ‘Schikane’ der Stadt. Doch nicht genug damit. Die Eigentümer sollten unter anderem einen ‘Schutzvertrag’ unterzeichnen, der selbst die Inneneinrichtung (wohl auch die Möblierung) vorschreibt. Das ist doch eher unzulässig und daher als “Nötigung” zu qualifizieren.
Übereifer im Denkmalschutz ist auch sektiererischer Fanatismus
und als solcher Fundamentalismus.
Das ist genauso gefährlich wie die «Taliban».