Da missbraucht ein Vater seine Tochter und deren Freundin während Jahren, ab Kindergartenalter. Die beiden sind genug eingeschüchtert, sodass sie es nicht wagen, irgend etwas zu erzählen oder gar Hilfe zu suchen. Auch nach Ende des Missbrauchs, können die beiden noch über zehn Jahre nicht darüber sprechen, nicht einmal miteinander.
Als sie sich endlich bei der Opferhilfe melden, braucht es noch einige Zeit, bis sie bereit sind, auszusagen, die Tortur von Einvernahmen und Prozess zu überstehen. Inzwischen ist allerdings ein grosser Teil des Missbrauchs vervjährt.
Der Prozess ist für alle schwierig zu führen resp. durchzustehen. Nach so langer Zeit sind die Erinnerungen an Detais wie Zeit und Ort nicht mehr so klar, liegen doch die Ereignisse teils in der frühen Kindheit. Was aber voll geblieben ist, das sind psychische Schäden und Schreckensbilder von den Vorfällen, nächtliche Angstträume, vor allem die Angst vor dem Täter, der sie für diesen genügend bedroht hatte.
Es geht ja hier um sehr schwere Delikte. Für eine Bestrafung müssen sie aber dem Täter sauber und zweifelsfrei nachgewiesen werden. Das verlangt der Rechtsstaat. Gleichzeitig sind die einzigen Zeugen — zur Tatzeit im Kindesalter — wacklige Zeugen für genaue Daten, wohl aber psychisch angeschlagen und extrem schutzbedürftig. Nur schon Aussagen machen grenzt an die Schmach nochmals erleben. Es ist wenig wahrscheinlich, dass sich Kinder nach über zehn Jahren noch an genaue Daten aus der Kindergartenzeit erinnern können.
Dennoch will das Rechtssystem natürlich Fehlurteile vermeiden. Darum kann gegen ein Urteil immer wieder rekurriert werden. So auch hier. zuerst Einvernahmen und Abklärungen durch die Staatsanwaltschaft; dann wir Anklage beim Bezirksgericht erhoben. Sowohl Staatsanwaltschaft wie Gericht haben sehr schwierige Entscheide zu fällen, denn es steht letztlich Aussage gegen Aussage. Objektive Beweise gibt es nicht mehr. Dennoch dürfen so schwere Vergehen nicht einfach übergangen werden. Der Vater streitet alles ab. Nach allen Abwägungen kommt es zu einem ersten Urteil, und zum Rekurs.
Das ganze Prozedere wird vom Kantonsgericht nochmals durchgespielt. Wieder Urteil und Rekurs. Das ganze nochmals vor Bundesgericht. Rückweisung ans Kantonsgericht, nochmals von vorn. Wieder Urteil und Rekurs. Dieser wird vom Bundesgericht abgelehnt; das Urteil wird rechtskräftig. Der Täter müsste die Gefängnisstrafe antreten. Die ganze Gerichtsmaschinerie lief über sechseinhalb Jahre, eine enorme Belastung für die Opfer, aber so will es der Schutz vor Fehlurteilen.
«Müsste» — Denn der Täter ist nicht mehr in der Schweiz. Er ist — wie schon andere verurteilte vor ihm — in der Zeit in der sein letzter Rekurs hängig war, nach Thailand ausgereist, ganz offiziell, und kann nun nicht mehr belangt werden. Eine Auslieferung wird beantragt. Was nicht so einfach ist, wenn kein Auslieferungsvertrag besteht.
Einziger Hoffnungsschimmer: Thailand ist eine wichtige Feriendestination. Da dürften die dortigen Behörden wenig Interesse daran haben, dass bekannt wird, dass dort ein in der Schweiz rechtskräftig verurteilter Kinderschänder frei herumläuft.
Siehe vollständigen Zeitungsbericht:
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Tages-Anzeiger©
www.zumkuckucksei.net/Politik/exzs/TA-IVR.html
Tages-Anzeiger©
von ende 2012.
Nachträglich kommt aus. Dass der Täter eine IV-Rente bezieht. Diese erhält er weiterhin in Thailand, weil die IV die Rente erst sistieren darf, wenn die Strafe angetreten ist. Und das hat eben nicht stattgefunden. Offensichtlich wird hier im Sozialhilfegesetz nicht unterschieden zwischen ordentlicher Verschiebung des Strafantritts und Flucht vor Strafantritt. Das müsste doch eher gleich behandelt werden, wie eine Flucht aus der Strafanstalt. Da wird nämlich keine Rente ausbezahlt.
Das Urteil verlangt eine Gefängnisstrafe, aber auch eine Genugtuungssumme an die Opfer, sowie die Übernahme aller Prozesskosten. Nur, wer von der IV lebt, kann das nicht bezahlen. Für diese Fälle springt für die Entschädigungen an die Opfer die Opferhilfe ein. Diese tritt aber erst darauf ein, wenn die Opfer angeben, wo der Tater einsitzt. (?)
Erst als die Frauen das herausfinden wollen, erfahren sie, dass es sich der Täter in Thailand wohl ergehen lässt.
Es ist toll, dass wir so eine Institution wie die Opferhilfe haben. Aber gerade in so schwierigen Fällen, taugt sie wenig. Die Frauen hätten spätestens zwei Jahre nach dem letzten Missbrauch einen Antrag stellen müssen, damit das überhaupt klappt. — Damals getrauten sie sich noch nicht mal anzuklagen, geschweige denn konnten sie wissen, dass sie eine Genugtuung zu Gute haben könnten.
Die Frage nach der Verjährung müssen wir nicht mehr stellen. Inzwischen verjähren solche Delikte nicht mehr, was in Anbetracht der Jugendlichkeit solcher Opfer, aber auch der erlittenen Schmach durchaus sinnvoll erscheint. Dass sich die Gerichte vorsichtig entscheiden, um falschen Anschuldigungen nicht aufzusitzen, ist klar.
Es gibt Lücken im Vorgehen. So ist zwischen Urteilsverkündung und Strafantritt eine Zeitlang niemand zuständig für den Täter. Ein schöne Lücke für den, der abhauen will.
Um auszureisen und sich in Thailand korrekt anzumelden, brauchte der Täter doch einen gültigen Reisepass. Wird der in solchen Fällen nicht eingezogen?
Ist das Sozialhlifegesetz Schon geändert? Kann die IV heute eine Rente sistieren, wenn der Berechtigte sich durch Flucht der Gefängnisstrafe entzieht? Ist leider nicht so leicht herauszufinden.
Wieso ist ein Antrag auf Opferhilfe von Datum der Straftat abhängig und nicht vom entsprechenden Gerichtsurteil?