Energie   Inhalt
2/3 Unterwegs in eine neue Stromzukunft /
Ernst Ulrich von Weizäcker: «Wir müssen fundamental neu denken»
4/5 Fachtagung Wärme-Kraft-Kopplung: Bewährt in der Praxis — umstritten in der Politik /
«Wir haben ein eigenes Kraftwerk im Keller»
6 Das doppelte Fiasko / Milliardenhilfe für AKW Hinkley Point / Atommüll aus Sellafied durch Basel
7 Wahlempfehlungen / In Kürze / Agenda
8 Ökostrom-Pionierin Uursula Sladek: «Es braucht eine starke Vision»
Express
Der EnergieExpress der Gewaltfreien Aktion
Kaiseraugst (GAK) erscheint mindestens
vier Mal jährlich. Abonnementspreis Fr. 15.-
GAK, Nullenweg 31, 4144 Arlesheim
Tel. 061 701 82 83, Beantworter 061 701 88 88,
info@gak.ch
PC-Konto: GAK, 40-35486-4
Readktion: Heidi Portmann
Nachdruck aller Beiträge mit Quellenangabe
erwünscht. Auflage dieser Nummer: 9000 Exemplare.
Druck: Ziegler Druck- und Verlags-AG.
8401 Winterthur, 100 % Recyclingpapier.

Herausgeber: Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst (GAK)
4144 Arlesheim     Nr. 108, Oktober 2015

Impressum
EnergieExpress Inhalt
2/3 Unterwegs in eine neue Stromzukunft /
Ernst Ulrich von Weizäcker: «Wir müssen fundamental neu denken»
4/5 Fachtagung Wärme-Kraft-Kopplung: Bewährt in der Praxis — umstritten in der Politik /
«Wir haben ein eigenes Kraftwerk im Keller»
6 Das doppelte Fiasko / Milliardenhilfe für AKW Hinkley Point / Atommüll aus Sellafied durch Basel
7 Wahlempfehlungen / In Kürze / Agenda
8 Ökostrom-Pionierin Uursula Sladek: «Es braucht eine starke Vision»
Der EnergieExpress der Gewaltfreien Aktion
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Das doppelte Fiasko

Atomkraftwerke sind nicht nur ökologisch brandgefährlich. Sie sind inzwischen auch volkswirtschaftlich eine Zeitbombe.

Beat Jans

Beat Jans ist Um­welt­na­tur­wis­sen­schaf­ter ETH und Na­tio­nal­rat der SP Ba­sel-Stadt. Er ist Mit­glied der Um­welt- und Ener­gie­kom­mis­si­on so­wie der Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben.

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Jah­re­lang wies die SP auf die Ri­si­ken der Atom­kraft­wer­ke hin. Ver­geb­lich. Nach 40 Jah­ren lau­fen sie im­mer noch, und die Män­gel­lis­ten wer­den län­ger. Was vie­le aber nicht wis­sen:

Die AKWs wer­den auch fi­nan­zi­ell zu einer wach­sen­den Hy­po­thek. Sie fah­ren in­zwi­schen Ver­lus­te ein. Und ha­ben da­zu noch gros­se Schul­den. Auch aus volks­wirt­schaft­li­cher Sicht drängt sich eine ra­sche Schlies­sung der Wer­ke auf.

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Die Prei­se auf dem eu­ro­päi­schen Strom­markt sind ein­ge­bro­chen und wer­den sich in näch­ster Zeit nicht er­ho­len. Dies zeigt sich in den Lie­fer­ver­trä­gen, die für Band­ener­gie im Jahr 2021 auf einem Ni­veau von 3,3 Rp./kWh ab­ge­schlos­sen wer­den.

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In den Ge­schäfts­be­rich­ten wei­sen die Be­trei­ber aber va­ria­ble Pro­duk­ti­ons­kos­ten von 3,7 Rp./kWh (Leib­stadt) und 4,2 Rp./kWh (Gös­gen) aus. Zu Bez­nau gibt es kei­ne öf­fent­li­chen Zah­len. Die Kos­ten dürf­ten dort aber noch hö­her lie­gen. Die SP schätzt sie auf etwa 6 Rp./kWh. Je­den­falls dec­ken die Markt­prei­se al­ler Schwei­zer AKWs nicht ein­mal die Kos­ten für den Be­trieb, ge­schwei­ge denn die Fi­nan­zie­rung der In­ve­sti­tio­nen.

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Die Be­trei­ber der AKWs hof­fen auf bes­se­re Strom­prei­se, wenn Deut­schland, wie an­ge­kün­digt, sei­ne letz­ten acht Atom­kraft­wer­ke schliesst und ein hö­he­rer CO2-Preis die euro­päi­schen Koh­le­kraft­wer­ke un­ren­ta­bel ma­chen soll­te. Das wird den Schwei­zer AKW-Be­trei­bern aber kaum hel­fen. Denn auf dem euro­päi­schen Strom­markt herr­schen heu­te rie­si­ge Über­ka­pa­zi­tä­ten, die et­wa 100 Atom­kraft­wer­ken ent­spre­chen¹).

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Nichts­des­to­trotz treibt die EU den Zu­bau von Wind- und So­lar­an­la­gen rasch vor­an. Sie hat ehr­gei­zi­ge Aus­bau­zie­le be­schlos­sen, die sie nur er­reicht, wenn sie den So­lar- und Wind­strom in den näch­sten 15 Jah­ren von 483 TWh auf über 1500 TWh mehr als ver­drei­facht. Da­mit neh­men auch die «Gra­tis­strom­pe­rio­den» zu. Die herr­schen dann, wenn zu viel Strom aus Son­ne und Wind im Netz ist und so­mit für Strom­ver­käu­fe kein Preis mehr er­zielt wer­den kann. Sie wer­den von heu­te ca. 100 bis 2035 auf et­wa 3000 Jah­res­stun­den an­stei­gen¹). Da­mit bricht den AKW wäh­rend einem Drit­tel des Jah­res die Ein­nah­me­quel­le weg.

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So wer­den je­des Jahr De­fi­zi­te ent­ste­hen, die Hun­der­te von Mil­lio­nen be­tra­gen. Die­se Ver­lus­te wer­den in Bez­nau schon nach sechs Jah­ren die ak­tu­el­len Wer­te der An­la­gen über­stei­gen. In Gös­gen und Leib­stadt in et­wa zehn Jah­ren.

Da­mit wächst die Ge­fahr, dass die Be­trei­ber­ge­sell­schaf­ten in Kon­kurs ge­hen und ih­ren Ver­pflich­tun­gen nicht mehr nach­kom­men kön­nen. Sie schul­den der Öf­fent­lich­keit et­wa 20 Mil­li­ar­den Fran­ken. So viel kos­tet der Rück­bau und die Ent­sor­gung der ra­dio­ak­ti­ven An­la­gen. Es sind aber erst et­wa sechs Mil­li­ar­den in dem da­für vor­ge­se­he­nen Fi­nan­zie­rungs­fonds. Des­halb muss die Lauf­zeit der AKWs auch aus wirt­schaft­li­cher Sicht be­fris­tet wer­den, und der Bun­des­rat muss auf­zei­gen, wie Ent­sor­gung und Rück­bau der hoch­ge­fähr­li­chen Ab­fäl­le im Kon­kurs­fall ab­ge­wic­kelt und fi­nan­ziert wer­den sol­len.


¹) TOP «Sze­na­rio Out­look and Ade­qua­cy Fore­casts» 2015 (SOAF-Be­richt) der ENTSO-E.
²) Ab 2035 rech­net der re­gie­rungs­na­he deut­sche Think Tank «Ago­ra Ener­gie­wen­de» mit rund 3000 Jah­res­stun­den, an de­nen die Prei­se an der Strom­bör­se die Null­li­nie nicht über­stei­gen wer­den. Er­neu­er­ba­re­Ener­gi­en-Ge­setz 3.0: Kon­zept einer struk­tu­rel­len EEG-Re­form auf dem Weg zu einem neu­en Strom­markt­de­sign (Kurz­fas­sung) S. 16.
Tabelle

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Hoch­radio­aktiver Atom­müll aus Sella­field durch Basel

Müll-Zug
Zug mit drei An­hän­gern voll Atom­müll.
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Am Sams­tag, 19. Sep­tem­ber, traf zum ers­ten Mal ein Trans­port mit hoch­ra­dio­ak­ti­vem Atom­müll aus der eng­li­schen Wie­der­auf­be­rei­tungs­an­la­ge Sel­la­field im Zwi­schen­la­ger (Zwi­la) im aar­gaui­schen Wü­ren­lin­gen ein. Dort muss die heis­se Fracht wäh­rend meh­re­rer Jahr­zehn­te ab­küh­len.

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Der Trans­port bis Cher­bourg an der fran­zö­si­schen Nord­küs­te er­folg­te mit Last­wa­gen und Schiff. Die an­schlies­sen­de Bahn­fahrt führ­te durch ganz Frank­reich von Cher­bourg über Reims und Strass­burg und wur­de dort von den fran­zö­si­schen Um­welt­schüt­zern der Or­ga­ni­sa­ti­on «Sor­tir du nuc­le­aire» ver­folgt und do­ku­men­tiert. In der Schweiz wur­de die heik­le Fracht per Bahn via Ba­sel nach Wü­ren­lin­gen ge­bracht.

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lntransparentes Ensi

Laut Ste­fan Füg­lis­ter, dem frü­he­ren Atom-Ex­per­ten von Green­peace, han­delt es sich um den ers­ten der­ar­ti­gen Trans­port seit fünf Jah­ren und den ers­ten aus Sel­la­field über­haupt. Die bis­he­ri­gen Trans­por­te stamm­ten aus der fran­zö­si­schen Wie­der­auf­be­rei­tungs­an­la­ge La Ha­gue. Der zu­rück­ge­führ­te Atom­müll ge­hört dem AKW Gös­gen.

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Wäh­rend die fran­zö­si­schen Atom­si­cher­heits­be­hör­den den Trans­port of­fi­zi­ell und recht de­tail­liert kom­mu­ni­zier­ten, brei­tet das Eid­ge­nös­si­sche Nuk­le­ar­si­cher­heits­in­spek­to­rat (Ensi) den Man­tel des Schwei­gens über den Trans­port der ris­kan­ten Fracht durch die Nord­west­schweiz. In den drei Blöc­ken sol­len sich ins­ge­samt sie­ben Ton­nen hoch­ra­dio­ak­ti­ver Müll be­fin­vvden. Das Bild links zeigt den Zug mit drei An­hän­gern, in de­nen sich ver­glas­te und durch einen Stahl­man­tel ge­schütz­te Atom­müll­rück­stan­de be­fin­den.

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Bewegte Vergangenheit

Die ers­ten Atom­müll­lie­fe­run­gen nach Eng­land und Frank­reich er­folg­ten vor 30 Jah­ren. Die Schwei­zer Atom­in­dust­rie ging da­mals noch da­von aus, da­mit sei gleich die Ent­sor­gung der ab­ge­brann­ten Brenn­ele­men­te ge­löst: Die Rück­füh­rung der Ab­fäl­le in die Schweiz war in den ers­ten Ver­trä­gen mit den Wie­der­auf­ar­bei­tungs­an­la­gen in Sel­la­field (GB) und La Ha­gue (F) nicht vor­ge­se­hen. Un­ter­des­sen hat sich das ge­än­dert: Je­des Land muss sich um die Ent­sor­gung des eige­nen Atom­mülls küm­mern — und zwar im je­wei­li­gen Land.


AKW Hinkley Point C in England

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Mil­li­ar­den­hilfe für AKW

Atom­re­nais­san­ce: Die­ses Stich­wort drängt sich auf, wenn man die Ent­wick­lung im Süd­wes­ten Eng­lands ver­folgt. Das dort ge­plan­te neue Atom­kraft­werk Hink­ley Point C wird Aus­wir­kun­gen auf die ge­sam­te euro­päi­sche Ener­gie­po­li­tik ha­ben.

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Auch am 16. Schö­nau­er Strom­se­mi­nar (s. Sei­te 2) war das eng­li­sche Pro­jekt Hink­ley Point C ein in­ten­siv dis­ku­tier­tes The­ma. Rein­hard Uh­rig, Kam­pa­gnen­lei­ter der öster­rei­chi­schen Um­welt­or­ga­ni­sa­ti­on «Glo­bal 2000», leg­te in einem en­ga­gier­ten Re­fe­rat nicht nur bri­san­te Fak­ten auf den Tisch, son­dern deck­te auch die zwie­späl­ti­ge Rol­le auf, wel­che die EU im Ent­scheid um die Sub­ven­tio­nie­rung der Gross­an­la­ge ge­spielt hat­te. Hink­ley Point C — da­rin ist sich die Fach­welt einig — wird eines der teu­er­sten, wenn nicht über­haupt das teu­er­ste Kraft­werk der Welt wer­den. Zur­zeit be­steht die An­la­ge an der Süd­west­küs­te Eng­lands aus zwei be­reits still­ge­leg­ten Re­ak­to­ren (Hink­ley Point A) und zwei noch lau­fen­den Re­ak­to­ren (Hink­ley Point B), de­ren Ab­schal­tung auf 2017 vor­ge­se­hen ist. Von den an­de­ren 16 Re­ak­to­ren, die Gross­bri­tan­ni­en be­treibt, sind 10 eben­falls schon 30 Jah­re alt oder äl­ter. Es «braucht» neue AKWs, um die Ener­gie­ver­sor­gung des Lan­des si­cher­zu­stel­len, ar­gu­men­tiert die bri­ti­sche Re­gie­rung.

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Bis­her lau­te­te das bri­ti­sche Kon­zept: AKW ja,aber oh­ne Fi­nan­zie­rung durch Steu­er­gel­der. Auf Druck des heu­ti­gen AKW-Be­trei­bers, des mehr­heit­lich staat­li­chen fran­zö­si­schen Ener­gie­kon­zerns Elec­tri­ci­té de Fran­ce (EdF), hat die Re­gie­rung aber einen Rück­zie­her ge­macht und dem Kon­zern so­wohl eine Preis­ga­ran­tie — in Form einer auf 35 Jah­re ga­ran­tier­ten Ein­spei­se­ver­gü­tung — wie auch eine staat­li­che Sub­ven­tio­nie­rung der Bau­kos­ten zu­ge­sagt. Die­se wer­den sich auf schät­zungs­wei­se 33,8 Mil­li­ar­den Euro be­lau­fen, man­che Fach­leu­te ge­hen aber we­gen be­ste­hen­der Un­si­cher­hei­ten in der Pla­nung be­reits von 43 Mil­li­ar­den aus. Ge­mein­sam sol­len die bei­den vor­ge­se­he­nen Re­ak­to­ren eine Brut­to­leis­tung von 3260 Me­ga­watt er­brin­gen — fast das Drei­fa­che des Schwei­zer AKWs Leib­stadt (1200 Me­ga­watt).

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«Wenn man die Bau­kos­ten von Hin­kley Point her­un­ter­bricht auf die vor­aus­seh­ba­re Leis­tung, dann ste­hen einem die Haa­re zu Ber­ge», fasst Kam­pa­gnen­lei­ter Uh­rig die Fak­ten poin­tiert zu­sam­men. So­gar der Preis für er­neu­er­ba­re Ener­gi­en sei in­zwi­schen gün­sti­ger. «Zu­min­dest zeigt sich an die­sem Bei­spiel de­fi­ni­tiv, dass Atom­kraft nicht kon­kur­renz­fä­hig ist.» Oder in Zah­len aus­ge­drückt: Das Re­ak­tor­bau­kon­sor­ti­um er­hielt eine Preis­ga­ran­tie in der Hö­he von 12,4 Cents pro Kilo­watt­stun­de, das sei un­ge­fähr das Dop­pel­te des heu­ti­gen Strom­prei­ses in Gross­bri­tan­ni­en. Eine Stu­die, wel­che in­zwi­schen von Green­peace Ener­gy in Auf­trag ge­ge­ben wur­de, hat be­rech­net, dass der bri­ti­sche Staat den Be­trei­bern von Hink­ley Point so­mit ge­samt­haft 108 Mil­li­ar­den Euro zu­kom­men las­se (Bau­kos­ten, Strom­preis­ga­ran­tie und wei­te­re Ga­ran­ti­en im Fall von Er­trags­ein­bus­sen).

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Neben den Kos­ten ka­men mit der Zeit aber noch wei­te­re bri­san­te De­tails ans Licht: So ha­ben sich die Er­bau­er in ein Kon­sor­ti­um zu­sam­men­ge­schlos­sen, dem ne­ben der Elec­tri­ci­té de Fran­ce und dem Atom­kon­zern Are­va zwei chi­ne­si­sche Fir­men an­ge­hö­ren (Nuc­le­ar Na­ti­on Hol­ding und Chi­na Nuc­le­ar Cor­po-ra­ti­on). Be­mer­kens­wert sei, so hält Uh­rig fest, dass die zwei­te die­ser bei­den Fir­men die Er­baue­rin der chi­ne­si­schen Atom­bom­be ist. Und eben­falls bri­sant: Be­reits jetzt schon ste­he fest, dass Hink­ley Point C wirt­schaft­lich nie ren­ta­bel sein wer­de.

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Da­mit folgt der zwei­te Teil des «dir­ty deals», wie Uh­rig das Pro­ze­de­re um Hink­ley Point nennt. Un­ter der be­ste­hen­den Ge­setz­ge­bung der EU muss eine staat­li­che Sub­ven­tio­nie­rung, wie sie für Hink­ley Point vor­ge­se­hen ist, von der EU-Kom­mis­si­on frei­ge­ge­ben wer­den. Staats­bei­hil­fe ist, da wett­be­werbs­ver­zer­rend, nur er­laubt, wenn ein so­ge­nann­tes Markt­ver­sa­gen vor­liegt und die Sub­ven­tio­nen im In­ter­es­se der EU sind. Was denn im Fall von Hink­ley Point von der zu­stän­di­gen EU-Kom­mis­si­on auch stark an­ge­zwei­felt wur­de. Doch of­fen­bar, so wird aus in­ter­nen In­for­ma­tio­nen er­sicht­lich, üb­te Gross­bri­tan­ni­en star­ken po­li­ti­schen Druck auf die Kom­mis­sa­rin­nen und Kom­mis­sa­re aus. Die Ab­stim­mung in der Kom­mis­si­on,die En­de 2014 statt­fand, fiel schliess­lich denk­bar knapp aus: mit einer Mehr­heit von 16 Stim­men zu­gun­sten Gross­bri­tan­ni­ens — min­des-tens 15 von 28 Stim­men wä­ren für ein Ja nö­tig ge­we­sen.

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Zahl­rei­che EU-Mit­glied­staa­ten sind je­doch ge­gen das AKW-Pro­jekt. Sie be­fürch­ten, dass mit dem EU-Be­schluss ein Prä­ze­denz­fall ge­schaf­fen wer­de, zum Bei­spiel für die ost­euro­päi­schen Staa­ten, die be­reits auf ähn­li­che Be­gün­sti­gung hoff­ten. An vor­der­ster Front der Geg­ner steht Öster­reich, das sich sel­ber ex­pli­zit für eine atom­kraft­freie Zu­kunft ent­schie­den hat. Ak­tiv ge­wor­den ist auch eine Rei­he von Um­welt­or­ga­ni­sa­tio­nen so­wie ein Bünd­nis von Öko­strom­an­bie­tern und Stadt­wer­ken in Deutsch­land. Nach neu­sten Mel­dun­gen (15. Ju­li 2015) ha­ben die Geg­ner in­zwi­schen eine Nich­tig­keits­kla­ge we­gen «un­recht­mäs­si­ger Be-triebs­bei­hil­fe» beim Ge­richt der Euro­päi­schen Uni­on ein­ge­reicht.

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Grund für die re­gio­na­len Strom­an­bie­ter, sich ak­tiv ge­gen Hink­ley Point zu en­ga­gie­ren, ist die Sor­ge, dass das zu­künf­ti­ge AKW sei­nen hoch­sub­ven­tio­nier­ten Strom auch ins euro­päi­sche Netz ein­spei­sen könn­te. Vor al­lem je­ne Stadt­wer­ke sei­en be­trof­fen, die Wär­me-Kraft-Kopp­lungs­an­la­gen be­trei­ben, weil die­se schon jetzt punk­to Strom­prei­se auf wack­li­gen Bei­nen stün­den, er­klärt Achim Kötz­le, Ge­schäfts­füh­rer der Stadt­wer­ke Tü­bin­gen. Aber auch an­de­re al­ter­na­ti­ve Ener­gi­en wür­den das Ge­fäl­le zu spü­ren be­kom­men.

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Ne­ben all die­sen Dis­kus­sio­nen ist nun al­ler­dings noch ein wei­te­rer Tat­be­stand auf­ge­taucht, der die Si­tua­ti­on völ­lig ver­än­dern könn­te: Re­ak­tor­bau­er Are­va ist in Not. Bei dem von ihm er­bau­ten Re­ak­tor­druck­be­häl­ter im fran­zö­si­schen Fla­man­vil­le sind Ma­te­ri­al­feh­ler auf­ge­tre­ten. Und bei fünf wei­te­ren im Bau be­find­li­chen Re­ak­to­ren könn­te das glei­che Prob­lem auf­tre­ten — zwei da­von sind je­ne für Hink­ley Point. «Es bleibt die Hoff­nung», so schliesst Rein­hard Uh­rig sei­nen Vor­trag, «dass das Ding gar nie ge­baut wird!»

Christine Voss

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