Bez­nau-Be­richt wur­de fast völ­lig TOP ein­ge­schwärzt

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AKW Bez­nau in Döt­tin­gen AG: 948 von 976 Sei­ten des Do­ku­ments wur­den un­le­ser­lich ge­macht FOTO: KEYSTONE
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AKW Bez­nau in Döt­tin­gen AG: 948 von 976 Sei­ten des Do­ku­ments wur­den un­le­ser­lich ge­macht FOTO: KEYSTONE
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AKW-Auf­sicht ver­wei­gert auf Wunsch der Be­trei­be­rin Ax­po Ein­sicht in Do­ku­men­te über Män­gel des Re­ak­tor­be­häl­ters

Catherine Boss
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Baden AG — Das Eid­ge­nös­si­sche Nuk­le­ar­in­spek­to­rat (ENSI) und der Ener­gie­kon­zern Ax­po ver­wei­gern die Ein­sicht in Do­ku­men­te zum Re­ak­tor­druck­be­häl­ter des AKW Bez­nau Ⅰ. Der Be­häl­ter ist das Herz­stück des AKW, dort fin­det die nuk­lea­re Ket­ten­re­ak­ti­on statt. Der un­ter Ver­schluss ge­hal­te­ne Be­richt könn­te Auf­schluss über die Si­cher­heit von Bez­nau ge­ben.

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Der Druck­be­häl­ter ist die­sen Som­mer in die Schlag­zei­len ge­ra­ten, weil dort Ma­te­ri­al­schä­den ent­deckt wur­den. Dies ha­ben Ult­ra­schall­un­ter­su­chun­gen ge­zeigt. Seit lan­gem ist zu­dem be­kannt, dass der Be­häl­ter sprö­de Stel­len auf­weist. Die so­ge­nann­te Strah­len­ver­sprö­dung ist ein Al­te­rungs­phä­no­men. Bez­nau ist mit 46 Jah­ren das äl­tes­te AKW der Welt.

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Greenpeace hat im Feb­ru­ar 2015, ge­stützt auf das Öf­fent­lich­keits­ge­setz (BGÖ), Ein­sicht in um­fang­rei­che Do­ku­men­te der AKW-Be­trei­be­rin Ax­po ver­langt. «Es scheint uns von öf­fent­li­chem In­ter­es­se, mehr über den Zu­stand des Druck­be­häl­ters zu er­fah­ren. Die ver­lang­ten Do­ku­men­te ent­hal­ten da­zu wich­ti­ge tech­ni­sche Da­ten», sagt TOP Flo­ri­an Kas­ser von Green­peace. Kon­kret will Green­peace un­ter an­de­rem ein 976-sei­ti­ges Do­ku­ment der Ax­po vom 19. De­zem­ber 2011 ein­se­hen. Da­rin legt der Ener­gie­kon­zern dem ENSI ein Kon­zept zur «Ab­si­che­rung des Werk­stoff­zu­stan­des der Re­ak­tor­druck­be­häl­ter» vor, er­gänzt mit einem «Nach­weis Spröd­bruch­si­cher­heit».

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Greenpeace möch­te den Ax­po-Be­richt von un­ab­hän­gi­gen Ex­per­ten über­prü­fen las­sen. Seit den neu ent­deck­ten Schwach­stel­len hat das Do­ku­ment für Green­peace zu­sätz­lich an Be­deu­tung ge­won­nen: «Es ist mög­lich, dass die Kom­bi­na­ti­on von al­ters­be­ding­ter Ver­sprö­dung und dem neu ent­deck­ten Ma­te­ri­al­feh­ler den Druck­be­häl­ter auf gra­vie­ren­de Wei­se schwächt», sagt Kas­ser.

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Er wird es nicht her­aus­fin­den kön­nen: Das ENSI hat 948 von 976 Sei­ten des Do­ku­ments nach Kon­sul­ta­ti­on mit der Ax­po zum Ge­heim­nis er­klärt. Wört­lich: Der gröss­te Teil sei «voll­stän­dig ein­ge­schwärzt und des­we­gen in der zu­ge­stel­lten Fas­sung nicht ent­hal­ten». Die Be­grün­dung für den ab­schlä­gi­gen Ent­scheid ist ma­ger: Es ge­he in der Haupt­sa­che um Ge­schäfts- und Fab­ri­ka­ti­ons­ge­heim­nis­se, so die AKW-Auf­sicht.

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Warum so ra­di­kal? Das ENSI hät­te die Mög­lich­keit ge­habt, nur die wirk­lich heik­len Stel­len zu schwär­zen und Green­peace für die­sen Auf­wand Kos­ten zu ver­rech­nen. Statt­des­sen hält sie — auf Wunsch der Ax­po — fast das gan­ze Do­ku­ment un­ter Ver­schluss. Es stellt sich die Fra­ge, ob die Ax­po nicht in einem be­son­de­ren Mass der Trans­pa­renz ver­pflich­tet sein muss. Haupt­ak­tio­nä­re (Ak­ti­en­ka­pi­tal 370 Mil­lio­nen Fran­ken) sind die Kan­to­ne Zü­rich und Aar­gau und da­mit die Steu­er­zah­ler, zu­dem er­füllt der TOP Ener­gie­kon­zern eine öf­fent­li­che Auf­ga­be. Die Nuk­le­ar­auf­sicht will ih­ren Ent­scheid nicht be­grün­den. Sie lässt ver­lau­ten, sie hal­te sich an die Vor­ga­ben des Ge­setz­ge­bers und «pflegt zu­dem der­ar­ti­ge Ge­su­che nicht in den Me­di­en ab­zu­wic­keln». Green­peace will sich ge­gen den ENSI-Ent­scheid weh­ren: «Der Ax­po-Be­richt ge­hört auf den Tisch», sagt Kas­ser.

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Belgien geht in Sa­chen Trans­pa­renz einen an­de­ren Weg als die Schweiz: Dort hat­ten In­spek­to­ren vor drei Jah­ren an Druck­be­häl­tern des­sel­ben Typs wie in Bez­nau Tau­sen­de klei­ne Ris­se ent­deckt. Das lös­te die Un­ter­su­chun­gen mit Ult­ra­schall in der Schweiz und an­ders­wo aus. Nur kur­ze Zeit nach der Ent­dec­kung in­for­mier­ten die bel­gi­schen Be­hör­den die Öf­fent­lich­keit mit um­fang­rei­chen Be­rich­ten zu Grös­se und Län­ge der Ris­se. In der Schweiz sind auch zwei Mo­na­te nach dem Fund kei­ne De­tails er­hält­lich.

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Die Axpo will Bez­nau Ⅰ En­de Ok­to­ber wie­der ans Netz brin­gen. Das ENSI hin­ge­gen spricht von Un­ter­su­chun­gen bis 2016. Da­zu Ax­po-Spre­cher An­to­nio So­ma­vil­la: «Wir wer­den bis An­fang Ok­to­ber zu den Ma­te­ri­al-Un­re­gel­mäs­sig­kei­ten al­le nö­ti­gen Be­rich­te beim ENSI ein­rei­chen — wann Bez­nau Ⅰ wie­der Strom pro­du­ziert, hängt dann da­von ab, wie lan­ge die Auf­sichts­be­hör­de braucht, um die Un­ter­la­gen zu prü­fen.»

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