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Billett fünf Sekunden zu spät entwertet: 120 Franken Busse

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Von Benno Gasser

Sobald sich der Bus in Fahrt ge­setzt hat, muss das Bil­lett ent­wer­tet sein. Kon­trol­leu­re ken­nen da kei­ne Gna­de.

Uitikon — Der 15-jäh­ri­ge Marc Mo­ser (alle Na­men ge­än­dert) fuhr wie je­den Don­ners­tag mit sei­nen Klas­sen­ka­me­ra­den in den Turn­un­ter­richt. Die kur­ze Strec­ke mit dem Lo­kal­bus führt von Uiti­kon Post nach Ring­li­kon Dorf. Sport­leh­rer Heinz Brecht­bühl nimmt je­weils sein Mo­tor­rad, weil er nach dem Unter­richt gleich wie­der ins Schul­haus zu­rück­keh­ren muss. An die­sem Nach­mit­tag über­gab Brecht­bühl Marc das Grup­pen­bil­lett für die Klas­se. Um 15.35 Uhr stie­gen die Se­kun­dar­schü­ler in die Li­nie 201 ein. Marc lief auf einen fre­ien Platz zu, setz­te sich kurz hin und nahm das Bil­lett aus dem Ruck­sack, um es zu ent­wer­ten. Da ver­sperr­te ihm einer der drei Kon­trol­leu­re, die sich be­reits im Bus be­fan­den, den Weg. Da­für sei es zu spät, der Bus sei be­reits los­ge­fah­ren, sag­te der ZVV-Mann. Marc ver­such­te die Si­tua­tion zu er­klä­ren, doch der Kon­trol­leur ging nicht dar­auf ein und drück­te ihm einen Bus­sen­zet­tel in die Hand. Weil Marc schon ein­mal er­wischt wur­de, be­lief sich die Bus­se auf 120 Fran­ken.

Der ZVV-Ein­zah­lungs­schein trieb Klaus Mo­ser – Marcs Va­ter – die Zor­nes­rö­te ins Ge­sicht. Sein Groll galt dies­mal aber nicht sei­nem Fi­lius, son­dern den Kon­trol­leu­ren, die aus sei­ner Sicht über­rea­giert hat­ten. Er schrieb der ZVV-In­kas­so­stel­le einen Brief: Sein Sohn ha­be sich nur kurz hin­ge­setzt, um das Bil­lett aus dem Ruck­sack zu neh­men. «Der Bus war noch kei­ne 5 Se­kun­den in Fahrt, als er das Bil­lett ent­wer­ten woll­te.» Mit­schü­ler könn­ten das be­stä­ti­gen.

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Inkassobüro blieb hart

Klaus Moser woll­te von der ZVV-In­kas­so­stel­le aus­ser­dem wis­sen, wa­rum sein Sohn vom Kon­trol­leur nicht ein­mal an­ge­hört und vor der Klas­se wie ein Schwarz­fah­rer be­han­delt wur­de. Über­haupt wür­de ihm we­gen des Grup­pen­bil­letts gar kein per­sön­li­cher Nut­zen ent­ste­hen. Klaus Mo­sers Fra­gen blie­ben un­be­ant­wor­tet. Am Te­le­fon wim­mel­te ihn eine Sach­be­ar­bei­te­rin ab. Sie riet ihm, sich doch bit­te an den Om­buds­mann zu wen­den. Eine Ein­spra­che wie bei einer Park­bus­se ist nicht mög­lich.

Der kan­to­na­le Om­buds­mann woll­te vom ZVV wis­sen, was sich an je­nem Nach­mit­tag im Bus ab­ge­spielt hat­te. Die Aus­sa­ge des Kon­trol­leurs deck­te sich mit der von Marc Mo­ser. Der Schü­ler sei in den hin­te­ren Teil des Bus­ses ge­gan­gen, ha­be sich ge­setzt und sei da­nach wie­der auf­ge­stan­den, um die Kar­te zu ent­wer­ten. Der Om­buds­mann bat Klaus Mo­ser um eine schrift­li­che Aus­sa­ge der Schü­ler und des Leh­rers. Doch we­der das Schrei­ben des Turn­leh­rers noch die neun mit­un­ter­zeich­nen­den Mit­schü­ler, die al­le Marcs Aus­sage stütz­ten, ver­moch­ten das In­kas­so­büro um­zu­stim­men. Am En­de muss­te Mo­ser die Bus­se be­zah­len.

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ZVV erstattet Busse zurück

Von Benno Gasser

Beim fünf Se­kun­den zu spät ent­wer­te­ten Bil­lett zeigt sich der Zür­cher Ver­kehrs­ver­bund jetzt ku­lant.

Uitikon — Ein Sekundar­schü­ler muss­te eine 120-Fran­ken-Bus­se be­zah­len, weil er das Klas­sen­bil­lett einen Au­gen­blick zu spät ent­wer­te­te (TA von ges­tern). Der 15-Jäh­ri­ge hat­te sich nur kurz hin­ge­setzt, um das Bil­lett aus sei­nem Ruck­sack zu neh­men. Doch weil sich der Bus wie­der in Be­we­gung ge­setzt hat­te, ver­sperr­te ihm ein Kon­trol­leur den Weg zum Bil­lett­ent­wer­ter. Der Va­ter des Jun­gen emp­fand die Reak­tion des Kon­trol­leurs als über­ris­sen und schal­te­te dar­auf den Om­buds­mann ein. Oh­ne Er­folg. Doch jetzt lenkt der Zür­cher Ver­kehrs­ver­bund (ZVV) ein und zeigt sich ku­lant. Das Un­ter­neh­men er­stat­tet das Buss­geld zu­rück.

Kritik an fehlendem Augenmass

Der Artikel hat auf Tagesanzeiger.ch ein gros­ses Echo aus­ge­löst. In mehr als 140 Kom­men­ta­ren äus­sern sich Le­ser kri­tisch zu ZVV-Kon­trol­len. Eine Le­se­rin schreibt, dass ihr fast das Glei­che pas­siert sei wie dem Schü­ler. Sie ha­be ihr Tic­ket mit dem iPhone 18 Se­kun­den zu spät ge­löst und sei vom Kon­trol­leur vor den an­de­ren Fahr­gäs­ten als Be­trü­ge­rin hin­ge­stellt wor­den. Nach einer Be­schwer­de wur­de ihr das Buss­geld eben­falls zu­rück­er­stat­tet. Ein Le­ser schreibt, dass sei­ne Frau kein Bil­lett für den Bus lö­sen konn­te, weil der Auto­mat de­fekt war. Sie sei aber sehr in Ei­le ge­we­sen und trotz­dem zu­ge­stie­gen — prompt sei sie ge­büsst wor­den.

Ein anderer Le­ser be­rich­tet, dass er sein VBZ-Bil­lett erst nach eini­gem Su­chen fand. Dem Kon­trol­leur sei das egal ge­we­sen, er ha­be ihn trotz­dem ge­büsst. In einem an­de­ren Fall muss­te so­gar die Po­li­zei ge­ru­fen wer­den, weil der TA-Le­ser sich of­fen­bar ge­wehrt hat­te. Sein 24-Stun­den-Bil­lett war be­reits seit drei Mi­nu­ten ab­ge­lau­fen. Die Fol­ge: eine Bus­se von 400 Fran­ken und ein Ge­richts­ver­fah­ren. Teu­er wur­de es auch für einen Mann, der sei­ne ur­sprüng­li­che Bus­se nie er­hielt, weil sie an sei­ne al­te Wohn­ad­res­se ge­sandt wur­de und die Nach­sen­de­frist be­reits ab­ge­lau­fen war. Am En­de er­hielt er an die neue Ad­res­se eine Ein­la­dung vom Statt­hal­ter­amt.

Doch einige wenige Le­ser stär­ken auch den Kon­trol­leu­ren den Rüc­ken. Die­se wür­den nur ih­ren Job ma­chen und müss­ten sich da­bei viel Un­an­ge­neh­mes an­hö­ren. Fahr­gäs­te müss­ten sich an die Re­geln hal­ten. Ein Le­ser plä­diert da­für, die Bus­sen zu er­hö­hen.