Sonntags Zeitung

«Nun muss Blocher zurücktreten»

Ex-Staatsanwalt Paolo Bernasconi fordert politische Konsequenzen aus der Affäre Hildebrand

GUIDO SCHÄTTI
Paolo Bernasconi
Finanzspezialist Bernasconi: Recht «gravierend verletzt»

LUGANO — Der Tes­si­ner Fi­nanz­spe­zia­list und frü­he­re Ma­fia-Jä­ger Pao­lo Ber­na­sco­ni for­dert SVP-Na­tio­nal­rat Chris­toph Blo­cher we­gen des­sen Rol­le in der Af­fä­re Hil­de­brand zum Rück­tritt auf. «Der letz­te Wo­che ver­öf­fent­lich­te Be­richt der KPMG lie­fert einen wei­te­ren Be­leg, dass die At­tac­ken ge­gen Hil­de­brand und die SNB kei­ne ju­ris­ti­sche Grund­la­ge hat­ten, son­dern al­lein po­li­tisch mo­ti­viert wa­ren», sagt Ber­na­sco­ni der Sonn­tags­Zei­tung. «Nun müs­sen Blo­cher und sei­ne Hel­fer die Ver­ant­wor­tung über­neh­men und zu­rück­tre­ten.»

Der Rück­zug des SVP-Kan­to­nal­po­li­ti­kers Her­mann Lei aus der Jus­tiz­kom­mis­sion des Thur­gauer Kan­tons­ra­tes sei ein ers­ter Schritt, rei­che aber bei wei­tem nicht. Der KPMG-Be­richt zei­ge, dass mit Hil­de­brand ein Un­schul­di­ger sein Amt ver­lo­ren ha­be. «Nun müs­sen auch die Schul­di­gen ge­hen», so Ber­na­sco­ni.

Der ehe­ma­li­ge HSG-Pro­fes­sor ver­langt wei­ter, dass die Schwei­ze­ri­sche Na­tio­nal­bank (SNB) ju­ris­ti­sche Schrit­te ge­gen Blo­cher und die Zei­tung «Welt­wo­che» ein­lei­tet, die den SNB-Prä­si­den­ten als «Lüg­ner» und «Gau­ner» be­ti­telt hat­te. Auch die Eh­re von In­sti­tu­tio­nen sei straf- und zi­vil­recht­lich ge­schützt. «Die­ses Recht muss man ein­for­dern, wenn es wie im vor­lie­gen­den Fall gra­vie­rend ver­letzt wur­de», sagt Ber­na­sco­ni. Sonst müs­se man mit wei­te­ren An­grif­fen rech­nen.

Hil­de­brand hat bis­lang kei­ne An­zei­ge ge­gen sei­ne Kri­ti­ker ein­ge­reicht. An­ge­sichts der Frist von einem Jahr für zi­vil­recht­li­che Kla­gen be­steht für ihn auch kein Zeit­druck. Aus sei­nem Umfeld ist zu ver­neh­men, dass er den Ab­schluss der straf­recht­li­chen Un­ter­su­chung der Zür­cher Staats­an­walt­schaft ab­war­ten will, die ge­gen un­be­kannt we­gen Ver­let­zung des Bank- und Ge­schäfts­ge­heim­nis­ses er­mit­telt.

«Die Stra­te­gie, den Er­geb­nis­sen der Staats­an­walt­schaft nicht vor­zu­grei­fen, leuch­tet ein», sagt Ber­na­sco­ni. «Aus Hil­de­brands Sicht lie­fert der KPMG-Be­richt wei­te­re Mu­ni­tion für eine Kla­ge. Sei­ne Per­sön­lich­keits­rech­te wur­den of­fen­sicht­lich ver­letzt.»