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Kommentare & Analysen

«Auch bei der neuen ‹Basler Zeitung› ist das Machtzentrum in Herrliberg»

Arthur Ru­tis­hau­ser sagt, bei der BaZ hät­ten nach wie vor Blo­cher und Os­pel das Sa­gen.

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«Basler Zeitung» Mit Blochers Millionen und Ospels Jassklub soll die BaZ saniert werden. Somit bleibt alles beim Alten. Von Arthur Rutishauser

Blochers teuerste Mission

BaZ
Die Medienvielfalt Holding AG will die «geistige Monokultur» am Rheinknie mit der «Basler Zeitung» aufbrechen.
Foto: Claude Giger

Es soll­te der gros­se Be­frei­ungs­schlag wer­den, als Ti­to Tet­ta­man­ti am Mitt­woch vor die Me­dien trat und die neue Struk­tur der «Bas­ler Zei­tung» be­kannt gab. Bis aufs Kom­ma ge­nau leg­te er die Be­sitz­ver­hält­nis­se im Ak­tio­na­riat der neu­en Me­dien­viel­falt Hol­ding AG of­fen. Dann fiel der eine Satz, der deut­lich mach­te, dass al­les beim Al­ten bleibt: Chris­toph Blo­cher steht für al­le Ver­lus­te ge­ra­de, die bei der Sa­nie­rung der BaZ ent­ste­hen. An­ge­sichts der Di­men­sion der Sa­nie­rungs­kos­ten — die Re­de ist von min­des­tens 70 Mil­lio­nen Fran­ken — ist klar: Das Macht­zent­rum bleibt in Herr­li­berg.

Das teure Versprechen

Das wirt­schaft­li­che Di­lem­ma ist un­ab­hän­gig vom Be­sit­zer: Die BaZ hat eine mas­siv über­di­men­sio­nier­te Druc­ke­rei. Die fast neue Ma­schi­ne kos­te­te 85 Mil­lio­nen und ist noch lange nicht ab­ge­schrie­ben. Das führt zu über­höh­ten Druck­kos­ten. Zu­dem ha­ben die über 100 Mit­ar­bei­ter, die dort ar­bei­ten, eine Pen­sions­kas­se mit einer be­droh­li­chen Un­ter­dec­kung. Wenn das BaZ-Fir­men­kon­strukt Ge­winn ma­chen soll, müs­sen die Druck­kos­ten deut­lich sin­ken. Das geht nur, wenn ent­we­der die Druc­ke­rei ge­schlos­sen wird und die Mit­ar­bei­ter oh­ne Ar­beit und oh­ne an­stän­di­ge Pen­sion auf die Stras­se ge­stellt wer­den, oder — und das wä­re die zwei­te Mög­lich­keit — wenn die Druck­ma­schi­ne auf null ab­ge­schrie­ben wird und so rech­ne­risch ein kon­kur­renz­fä­hi­ger Druck­preis ent­steht. Im ers­ten Fall muss Blo­cher da­mit rech­nen, dass sei­ne Ru­he in Herr­li­berg von de­mon­strie­ren­den Ar­bei­tern ge­stört wird, im zwei­ten Fall geht die Druc­ke­rei Kon­kurs, und die Ban­ken mit ih­ren 94 Mil­lio­nen Kre­dit über­neh­men das Un­ter­neh­men. Aus die­sem Di­lem­ma hilft nur ein Schul­den­schnitt, und den muss Blo­cher be­zah­len.

Be­seelt von sei­ner Mis­sion, in der Schwei­zer Me­dien­land­schaft eine Kraft zu schaf­fen, die sei­ne Bot­schaft un­ter die Leu­te bringt, ist er of­fen­bar be­reit, die­ses fi­nan­ziel­le Aben­teu­er ein­zu­ge­hen. Für die Mit­ar­bei­ter sind das «Good News». Ob das die Le­ser gou­tie­ren, wird sich wei­sen. Blo­cher selbst scheint sich be­reits als Op­fer zu füh­len. Auf Te­le­Blo­cher sag­te er: «Die­se Ver­fol­gung kommt mir vor wie da­mals, als man ge­sagt hat: Kauft nicht bei Ju­den!»

Wer sind die Leu­te, die of­fi­ziell das Geld ge­ben, um Ba­sel eine «un­ab­hän­gi­ge Pres­se» zu ge­ben? Da ist ein­mal Tet­ta­man­ti. Kein Jahr ist es her, dass er frust­riert den Bet­tel hin­warf und Mo­ritz Su­ter zur BaZ hol­te. Am Rhein­knie herr­sche eine «geis­ti­ge Mo­no­kul­tur», sag­te er da­mals. Dann gibt es noch Mar­cel Os­pels Jass­klub, der den Ver­wal­tungs­rat der BaZ do­mi­niert. SVP-Mit­glied Os­pel selbst, der ein von Blo­cher be­si­cher­tes 70-Mil­lio­nen-Dar­le­hen in der BaZ-Hol­ding hat, ist nicht im VR — wohl aber sei­ne Frau und sei­ne drei Jass­kol­le­gen, die er wö­chent­lich trifft. Urs Gri­bi et­wa, Ge­schäfts­füh­rer von Os­pels Im­mo­bi­lien­fir­ma. Pe­ter Wyss, Bas­ler Gast­ro-Kö­nig und über 25 Jah­re Chef der Kunst­hal­le — ab Ja­nu­ar Bei­zer im Schüt­zen­haus. Die far­bigs­te Fi­gur ist Karl Schwei­zer, er­folg­lo­ser SVP-Na­tio­nal­rats­kan­di­dat und einst Ver­ant­wort­li­cher der gla­mou­rö­sen UBS-Ab­tei­lung «Art Ban­king». Das war je­ne Ab­tei­lung, die in Ba­sel die Art gross­mach­te und an der Art Mia­mi nach US-Steu­er­flücht­lin­gen fisch­te. Schwei­zer ist auch Chef der Bas­ler Schnit­zel­bänk­ler d Strig­ge­te, die auch schon an SVP-Ver­an­stal­tun­gen ge­gen Lin­ke ze­ter­te. Da ist es frag­lich, ob der Be­frei­ungs­schlag ge­lun­gen ist und bei der BaZ nun Ru­he ein­kehrt. Si­cher ist: Es bleibt al­les beim Al­ten. Vor letz­tem Mitt­woch wa­ren es Chris­toph Blo­cher und Mar­cel Os­pel, die die BaZ kon­trol­lier­ten. Und heu­te ist es ge­nau­so.

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«Blocher sollte sich geordnet und schrittweise zurückziehen»

Alt-Bundesrat Adolf Ogi fordert die Rückkehr der SVP zu konstruktiver Mitarbeit.

Mit Adolf Ogi sprach Markus Brotschi
Ogi
«Es braucht Veränderungen», sagt Adolf Ogi über seine Partei.
Foto: Marc Wetli

Die SVP hat am Mitt­woch bei der Bun­des­rats­wahl eine her­be Nie­der­la­ge er­lit­ten. Was lief aus Ih­rer Sicht falsch?

Die Par­tei hat die Quit­tung für die letz­ten vier Jah­re er­hal­ten. Es be­gann 2007 mit der Ab­wahl Chris­toph Blo­chers, der Wahl von Frau Wid­mer-Schlumpf und dem Raus­wurf der Bünd­ner SVP. Da­zu kommt die Zick­zack-Po­li­tik der SVP, die teil­wei­se nicht ver­stan­den wur­de: ih­re Hal­tung ge­gen­über der Na­tio­nal­bank und zum Steu­er­ab­kom­men mit den USA, ih­re Aus­län­der­po­li­tik. Das war ge­paart mit einem ag­gres­si­ven und bes­ser­wis­se­ri­schen Stil. Da­zu kom­men die Per­so­nal­po­li­tik und die Wahl­stra­te­gie der letz­ten Ta­ge. Das al­les führ­te da­zu, dass sich al­le ge­gen die SVP ver­bün­de­ten.

Hin­ter die­ser Stra­te­gie ste­hen die Na­men Blo­cher, Brun­ner und Baa­der. Muss das Per­so­nal aus­ge­wech­selt wer­den, da­mit die SVP den Tritt wie­der fin­det?

Es braucht Ver­än­de­run­gen. Schon wäh­rend der Le­gis­la­tur hät­te die SVP Bun­des­rats­kan­di­da­ten auf­bau­en müs­sen. Man hät­te sich dar­über Re­chen­schaft ab­le­gen müs­sen, dass das Ima­ge der SVP an­ge­schla­gen ist. Es fehl­te die Selbst­ana­ly­se nach den Na­tio­nal­rats­wah­len und dem ge­schei­ter­ten Sturm aufs Stöck­li. Spä­tes­tens nach dem schlech­ten Re­sul­tat von Chris­toph Blo­cher bei der Stän­de­rats­wahl hät­ten die Alarm­gloc­ken läu­ten müs­sen. Statt­des­sen mar­schier­te man wei­ter und klär­te bei der Aus­wahl des Bun­des­rats­kan­di­da­ten Bru­no Zup­pi­ger nicht se­riös ge­nug ab. Nicht zu un­ter­schät­zen ist die Ge­schich­te mit der «Bas­ler Zei­tung», bei der Chris­toph Blo­cher of­fen­sicht­lich nicht die Wahr­heit sagte.

Fehlt der SVP nicht der per­so­nel­le Mit­tel­bau, der die heu­ti­ge Füh­rungs­rie­ge er­set­zen könn­te?

Der Mit­tel­bau exis­tiert nicht. Die Nach­wuchs­för­de­rung wur­de ver­nach­läs­sigt. Aber die Hoff­nung liegt bei den SVP-Stän­de­rä­ten, die sich nach den Bun­des­rats­wah­len kri­tisch äus­ser­ten. Sie könn­ten die Funk­tion des Mit­tel­baus in der Frak­tion über­neh­men. Da­hin­ter kom­men eini­ge jun­ge SVP-Po­li­ti­ker nach, wel­che die Par­tei jetzt auf­bau­en muss. In die­ser Aus­gangs­la­ge gibt es nur zwei Mög­lich­kei­ten für die SVP: wü­ten­de Trotz­re­ak­tion, al­so Op­po­si­tion, oder sich ein­klin­ken und mit­ar­bei­ten im Bun­des­rat. Ich bin für kon­struk­ti­ve Mit­ar­beit mit un­se­rem Bun­des­rat Ueli Mau­rer. Wir dür­fen nicht nur Par­tei­po­li­tik be­trei­ben und die ag­gres­si­ve Aus­ein­an­der­set­zung su­chen, son­dern wir müs­sen Kon­sens­po­li­tik für das Land ma­chen. Das Volk er­war­tet ein ehr­li­ches Be­mü­hen um kon­struk­ti­ve, in­tel­li­gen­te Lö­sun­gen.

Die SVP-Füh­rung be­steht aus Leu­ten, die al­le gleich den­ken wie Chris­toph Blo­cher. Ist da ein ra­scher Ab­gang Blo­chers rea­lis­tisch?

Ich se­he die­sen Ab­gang nicht. Un­üb­lich war schon, dass er als Stän­de­rat kan­di­dier­te, vor al­lem, dass er nach dem schlech­ten Re­sul­tat im ers­ten Wahl­gang in den zwei­ten Wahl­gang stieg. Das zeigt: Ein ver­letz­tes Tier ist noch kämp­fe­ri­scher. Nun ist er durch die Hin­ter­tür wie­der in den Na­tio­nal­rat ge­kom­men. Ich kann mir ein­fach nicht vor­stel­len, dass er dort eine Hin­ter­bänk­ler­rol­le ein­nimmt. Er kann von sei­nem Tem­pe­ra­ment und sei­nem Cha­rak­ter her nicht an­ders als eine do­mi­nan­te Rol­le ein­neh­men. Nach den Re­sul­ta­ten bei den Na­tio­nal­rats­wah­len, nach dem mi­se­rab­len Re­sul­tat bei den Stän­de­rats­wah­len und der gan­zen BaZ-Ge­schich­te soll­te er einen gu­ten Weg fin­den, um sich ge­ord­net und schritt­wei­se zu­rück­zu­ziehen. Chris­toph Blo­cher hat gros­se Ver­diens­te, ein enor­mes Sen­so­rium für das Agen­da Set­ting, ein gu­tes Ge­spür für The­men. Aber auch das hat et­was nach­ge­las­sen, sonst wä­re das am Mitt­woch nicht pas­siert.

Schon beim Na­tio­nal­rats­wahl­kampf ver­sag­te die The­men­set­zung der SVP. Aus­ser dem Stie­fel­pla­kat ge­gen «Mas­sen­ein­wan­de­rung» war da we­nig.

Das war ein schlech­tes Ver­hält­nis zwi­schen Auf­wand und Er­trag. Die SVP mach­te eine mil­lio­nen­schwe­re Kam­pag­ne, wie es sie bis­her nur sel­ten gab. Und trotz­dem ver­lor die Par­tei zwei Pro­zent­punk­te Wäh­ler­an­teil. Die SVP brach­te kei­ne Lis­ten­ver­bin­dun­gen mit an­de­ren Par­tei­en zu­stan­de. Dar­aus konn­te man schon ab­se­hen, dass auch die Bun­des­rats­wahl schwie­rig wird und dass sich al­le ge­gen die SVP ver­bün­den wer­den.

«Jedes Mal, wenn es mit Chris­toph Blo­cher schwie­rig wur­de, be­stell­te ich ihn nach Kan­der­steg.»

Sie for­dern eine kon­struk­ti­ve Mit­ar­beit der SVP. Be­steht nicht die Ge­fahr, dass sich nun die gan­ze Par­tei wie ein ver­letz­tes Tier ra­di­ka­li­siert?

Das ist nicht ganz aus­ge­schlos­sen. Aber es ka­men mah­nen­de Stim­men von Stän­de­rä­ten, von ein­zel­nen Na­tio­nal­rä­ten aus der Ro­man­die und nun auch von SVP-Re­gie­rungs­rä­ten in den Kan­to­nen. Die sig­na­li­sier­ten al­le: so nicht.

Sie ha­ben den Kon­fron­ta­tions­kurs der SVP er­wähnt, den ag­gres­si­ven Stil, den die Par­tei pflegt. Die­ser Stil do­mi­niert schon seit bald zwan­zig Jah­ren un­ter der Füh­rung von Chris­toph Blo­cher, es gab ihn schon in Ih­rer Zeit als Bun­des­rat. Wa­rum sind Sie in der SVP ge­blie­ben?

Ich war ein­mal Par­tei­prä­si­dent und of­fi­ziel­ler Bun­des­rats­kan­di­dat der SVP. Ich ha­be die­sen Stil nicht in der Art er­le­ben müs­sen wie Sa­muel Schmid. Mich hat man nie als hal­ben Bun­des­rat be­zeich­net. Je­des Mal, wenn es mit Chris­toph Blo­cher schwie­rig wur­de, be­stell­te ich ihn nach Kan­der­steg. Dort ha­ben wir zuerst un­ter vier Augen ge­spro­chen, da­nach ka­men der Par­tei­prä­si­dent und der Ge­ne­ral­sek­re­tär da­zu. So fan­den wir je­weils wie­der einen Weg mit­ein­an­der. Ich bin kei­ner, der da­von­läuft. Ich woll­te die Ab­spal­tung der BDP im­mer ver­hin­dern und be­trach­te sie wei­ter­hin als his­to­ri­schen Feh­ler. Und ich hof­fe im­mer noch, dass SVP und BDP wie­der zu­sam­men­fin­den.

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Die eigenen Leute überrumpelt

Die SVP-Spitze hat mit ih­rer At­tac­ke auf die FDP ih­re eige­ne Frak­tion über­rascht. Das zeigt die Re­kon­struk­tion der Er­eig­nis­se. Die Par­tei­stra­te­gen ver­tei­di­gen ih­re Tak­tik.

Von Stefan Schürer und Fabian Renz, Bern
Beratung
Ratlos im Rats­saal: Die SVP-Frak­tion be­rät sich wäh­rend der Bundes­rats­wahlen am Mitt­woch.
Foto: Monika Flückiger (Pool, Keystone)

Ein «Faux­pas der Renn­lei­tung» sei das ge­we­sen. Selbst der Zür­cher To­ni Bor­to­luz­zi, der zum en­ge­ren Kreis um SVP-Über­va­ter Chris­toph Blo­cher ge­hört, konn­te ges­tern über die er­folg­lo­se Stra­te­gie der Par­tei­lei­tung bei der Bun­des­rats­wahl nur den Kopf schüt­teln. Spe­ziell kri­ti­siert wird in der Frak­tion die Or­der, den Sitz von FDP-Bun­des­rat Jo­hann Schnei­der-Am­mann an­zu­grei­fen. Für Na­tio­nal­rat Pe­ter Kel­ler ist der An­griff auf den po­li­ti­schen Ver­bün­de­ten un­ver­ständ­lich. Ein an­de­res SVP-Mit­glied spricht von einer «Kurz­schluss­hand­lung» von Blo­cher und Frak­tions­chef Cas­par Baa­der.

Tat­säch­lich legt die Re­kon­struk­tion der Er­eig­nis­se und Äus­se­run­gen na­he, dass ein gros­ser Teil der Frak­tion von den An­wei­sun­gen ih­rer Chefs über­rum­pelt wur­de:

FDP wählte «nicht geschlossen»

Caspar Baader be­ton­te ges­tern, es sei «so ge­lau­fen wie ab­ge­macht». Die Frak­tion sei über die mög­li­chen Sze­na­rien in­for­miert ge­we­sen. Und SVP-Prä­si­dent To­ni Brun­ner sagt an die Ad­res­se der Kri­ti­ker, man sei zum Teil «eben im­mer noch im Kon­kor­danz­den­ken ver­haf­tet. Die Kon­kor­danz ist aber mit der Wahl Wid­mer-Schlumpfs ge­bro­chen wor­den. Die FDP hat zu­dem un­se­re Kan­di­da­ten nicht ge­schlos­sen un­ter­stützt.»

Baader und Brun­ner be­grün­den das Ma­nö­ver fol­gen­der­mas­sen: «Da Wid­mer-Schlumpf ge­wählt und da­mit die Kon­kor­danz ge­bro­chen wur­de, streb­ten wir eine Mit­te-rechts-Re­gie­rung an. Falls die SVP den Sitz von Schnei­der-Am­mann er­hal­ten hät­te, hät­ten wir in der letz­ten Run­de Schnei­der-Am­mann an­stel­le der SP-Kan­di­da­ten vor­ge­schla­gen.» Burk­hal­ter ha­be man zu­vor ge­schont, um der FDP die Ge­le­gen­heit ein­zu­räu­men, im fol­gen­den Wahl­gang die Lin­ke Si­mo­net­ta Som­ma­ru­ga ab­zu­wäh­len.

Anders tön­te es tags zu­vor al­ler­dings bei Chris­toph Mör­ge­li. Der SVP-Stra­te­ge sag­te im «Ta­ges-An­zei­ger», sei­ne Par­tei ha­be Schnei­der-Am­manns Sitz an­ge­grif­fen, da­mit «je­ne Par­tei­en, die we­ni­ger Wäh­ler ha­ben und da­her auch we­ni­ger Bun­des­rats­prä­senz ver­die­nen als wir, eben­falls ge­schwächt wer­den».

Eine wieder an­de­re Ver­sion lie­fert To­ni Bor­to­luz­zi: Man ha­be le­dig­lich «die Lin­ke in einen Not­stand brin­gen» wol­len. Schliess­lich hat­ten vie­le So­zial­de­mok­ra­ten und Grü­ne vor dem Wahl­tag für eine Ent­fer­nung Schnei­der-Am­manns zu­guns­ten der SVP Hand ge­bo­ten.

«Im Interesse der Linken»

Was auch im­mer die SVP-Spit­ze zum wag­hal­si­gen Vor­ge­hen ver­lei­tet ha­ben mag: Die Rech­nung ist nicht auf­ge­gan­gen. Von Na­tio­nal­rat Pe­ter Kel­ler kommt da­her eine de­tail­lier­te Ma­nö­ver­kri­tik: «Wenn man die eige­nen Zie­le nicht er­reicht, soll­te man we­nigs­tens schau­en, dass auch der Geg­ner nicht al­le sei­ne Zie­le er­reicht.» Dies sei der SVP nur teil­wei­se ge­lun­gen. Die SVP ha­be die ur­sprüng­li­che Of­fer­te der SP, ihr den zwei­ten FDP-Sitz zu über­las­sen, stets zu­rück­ge­wie­sen. «Um­so un­ver­ständ­li­cher war der An­griff auf Schnei­der-Am­mann», so Kel­ler. Da­mit ha­be man das bür­ger­li­che La­ger ge­spal­ten, was nur im In­ter­es­se der Lin­ken sei.


In der Zürcher SVP hoffen viele auf Blochers Abgang

Von Daniel Schneebeli

SVP-Chef­stra­te­ge Chris­toph Blo­cher wird in der Zür­cher Par­tei zu­neh­mend kri­ti­siert. Aber of­fen steht da­zu nur eine neue Kan­tons­rä­tin.

Jacque­line Ho­fer ist am Mitt­woch nach Bern ge­reist, um «un­se­ren her­vor­ra­gen­den Bun­des­rat Ueli Mau­rer» zu un­ter­stüt­zen. Dass es nicht für einen zwei­ten SVP-Bun­des­rat reich­te, ha­be sie er­war­tet. Ent­täuscht ist die 43-jäh­ri­ge Im­mo­bi­lien­treu­hän­de­rin gleich­wohl. «Das Par­la­ment hat 660'000 SVP-Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler vor den Kopf ge­stos­sen.» Für Ho­fer trägt aber auch die Par­tei­spit­ze Mit­schuld. Es sei «un­ver­ständ­lich», dass die SVP die FDP, «un­se­re ein­zi­ge Ver­bün­de­te», an­ge­grif­fen ha­be. Die SVP ma­che sich un­glaub­wür­dig. Die Par­tei wer­de oft nur noch als Pro­vo­ka­teu­rin wahr­ge­nom­men.

Hofer ist im Früh­ling mit einem aus­ge­zeich­ne­ten Re­sul­tat in den Zür­cher Kan­tons­rat ge­wählt wor­den. Für sie ist es höchs­te Zeit, dass die SVP zur Sach­po­li­tik zu­rück­kehrt: «Wir ha­ben sehr vie­le An­stän­di­ge in der Par­tei, die sich zu­neh­mend un­wohl füh­len.» Das hat Ho­fer fest­ge­stellt, als sie letz­te Wo­che den Rück­tritt von Chris­toph Blo­cher ge­for­dert hat­te. Sie ha­be ne­ben eini­gen kri­ti­schen vie­le po­si­ti­ve Mails be­kom­men. An ih­rer Rück­tritts­for­de­rung hält Ho­fer fest: «Blo­chers Zeit als Po­li­ti­ker an der Front ist vor­bei.» Zu­dem müs­se die Par­tei Blo­chers Ab­wahl aus dem Bun­des­rat end­lich ad ac­ta le­gen. Der Gang in die Op­po­si­tion und der Rück­tritt von Ueli Mau­rer wür­de sie als gros­sen Feh­ler be­trach­ten. Es sei Zeit, mit neu­en Köp­fen nach vor­ne zu schau­en.

In der SVP Zü­rich den­ken vie­le so, aber Ho­fer ist die Ein­zi­ge, die of­fen da­zu steht. Die Angst vor den Kon­se­quen­zen eines Outings ist bei al­len an­de­ren Par­tei­mit­glie­dern zu gross. «Man muss die Zeit spie­len las­sen», sagt einer der ano­ny­men Kri­ti­ker.

Mit der of­fe­nen Blo­cher-Kri­tik aus den eige­nen Rei­hen kann Kan­to­nal­prä­si­dent Al­fred Heer nichts an­fan­gen. Wenn schon, müs­se sie in­tern er­fol­gen: «Da kann man bei uns über al­les re­den», sagt Heer. Wenn die Stän­de­rä­te This Jen­ny (GL) oder Alex Kup­recht (SZ) die Par­tei­spit­ze öf­fent­lich kri­ti­sier­ten, soll­ten sie sich mel­den und es bes­ser ma­chen. Die No­mi­na­tion von Bru­no Zup­pi­ger als Bun­des­rats­kan­di­dat war für Heer zwar «kein High­light», aber mit Hans­jörg Wal­ter ha­be die SVP einen va­lab­len Kan­di­da­ten ge­habt, der von den an­de­ren Par­la­men­ta­riern 2008 fast zum Bun­des­rat ge­macht wor­den und nun mit fau­len Aus­re­den ab­ge­lehnt wor­den sei.

Blocher für SVP «Gold wert»

Auch der Banker Tho­mas Mat­ter, der als Quer­ein­stei­ger die Wahl in den Na­tio­nal­rat nur knapp ver­pass­te, nimmt Blo­cher in Schutz. «Oh­ne ihn wä­re die SVP noch heu­te so gross wie die BDP.» Blo­chers Er­fah­rung sei für die Par­tei Gold wert, und auch die Re­gie­rung könn­te da­von pro­fi­tie­ren. Mat­ter er­in­nert da­ran, dass Blo­cher im Bun­des­rat ge­gen Aus­land­be­tei­li­gun­gen der Swiss­com kämpf­te. Der Bun­des­rat ha­be dies trotz­dem er­laubt, und jetzt ha­be die Swiss­com we­gen des Kaufs der ita­lie­ni­schen Fast­web 1,3 Mil­liar­den Fran­ken ver­lo­ren.

Im Fall Zup­pi­ger sieht Mat­ter die Ver­ant­wor­tung nicht bei Blo­cher, son­dern bei Zup­pi­ger sel­ber. Für Mat­ter ist die SVP auf einem gu­ten Weg. In einer ge­sun­den Par­tei brau­che es Al­te und Jun­ge. Und ne­ben Blo­cher und Baa­der sei die Ju­gend mit To­ni Brun­ner in der Par­tei­lei­tung ver­tre­ten — dem jüngs­ten Schwei­zer Par­tei­prä­si­den­ten.


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13.12.2011: Leitartikel Seite 1
13.12.2011: Kommentar Seite 2
13.12.2011: Eigentümerin Seite 5
15.12.2011: BaZ zu Tettamanti
29.10.2012: BaZ: Christoph Blocher: «Ziel ist eine ‹Basler Zeitung nackt›» Seite 3
22.04.2013: Landbote zu Tettamanti
18.12.2011: Blocher beschimpft FDP SonntagsZeitung>
24.12.2011: Christoph Blocher — der Profi — über die Leistung von Blocher und Ebner
Original Seiten als PDF: Christoph Blocher — der Profi 24.12.2011     Leserbriefe vom 28.12.2011
01.01.2012: SonntagsZeitung Blocher greift Nationalbank an mit gestohlenen Bankdaten