Wiener Kongress

Kurze Zusammenfassung vom Wiener Kongress


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Anmerkung: Im ge­spro­che­nen Text ist von Lud­wig ⅩⅦ. die Re­de, es soll­te aber Lud­wig ⅩⅧ. heis­sen, wie es im schrift­li­chen Text kor­ri­giert ist.

Niederschrift des gesprochenen Texts:

Der Wie­ner Kon­gress der vom 18. Sep­tem­ber 1814 bis zum 9. Juni 1815 in Wien un­ter Lei­tung des ös­ter­rei­chi­schen Staats­kanz­lers Fürst Met­ter­nich ab­ge­hal­ten wur­de, hat­te den Zweck eine dau­er­haf­te Frie­dens­ord­nung zwi­schen den Sie­ger­mäch­ten zu schaf­fen. Aus die­sem Grund tra­fen sich die euro­päi­schen Fürs­ten und Kö­ni­ge in Wien mit Ein­schluss Frank­reichs. Aus­ser­dem wur­de ein gros­ses Un­ter­hal­tungs­pro­gramm or­ga­ni­siert, wie z.B. Thea­ter­auf­füh­run­gen, Kon­zer­te und Bäl­le, da­mit sich die Teil­neh­mer nicht lang­wei­len soll­ten. Den Wie­ner Kon­gress hat man oft als ‘tan­zen­den Kon­gress’ ver­spot­tet, da die Un­ter­hal­tung einen wich­ti­ge­ren Platz ein­nahm als die Be­hand­lung der Prob­le­me. Der ‘Wie­ner Wal­zer’ wur­de dort zum ers­ten Mal ak­zep­tiert und an­er­kannt, wo­mit man sa­gen kann, dass auf dem Wie­ner Kon­gress die­ser Tanz ‘ent­stand’. An die­ser Ver­hand­lung nah­men 5 Ver­tre­ter der Haupt­mäch­te teil, die­se wa­ren:

Mit­ten in die Ver­hand­lun­gen platz­te die Nach­richt, die den Kon­gress auf­schrec­ken liess, Na­po­lé­on war am 1. März 1815 in Süd­frank­reich ge­lan­det, be­glei­tet von 1000 An­hän­gern. Die ent­sand­ten Trup­pen von Kö­nig Lud­wigs ⅩⅧ. lie­fen zu Na­po­lé­on über und so wur­de es ein Triumph­zug nach Pa­ris für Na­po­lé­on. Die Bour­bo­nen flo­hen nach Bel­gi­en, was Grund ge­nug für die Al­li­ier­ten war, Na­po­lé­on für ge­äch­tet zu er­klä­ren und eine neue Kriegs­koa­li­ti­on ge­gen ihn zu bil­den. Am 18. Ju­ni 1815 kam es bei Wa­ter­loo (Bel­gi­en) zur Ent­schei­dungs­schlacht. Na­po­lé­on wur­de von den ver­bün­de­ten Ar­me­en ver­nich­tend ge­schla­gen, die un­ter der Lei­tung des eng­li­schen Her­zogs Wel­ling­ton und des preus­si­schen Mar­schalls Blü­cher stan­den. Na­po­lé­on wur­de nach St.^zwnj;He­le­na ver­bannt, wo er von den Eng­län­dern streng be­wacht wur­de und 1821 starb. Wäh­rend­des­sen hat­te der Kon­gress wei­ter ge­tagt und konn­te so eine Neu­ord­nung Euro­pas be­schlies­sen. Sie sah ein Gleich­ge­wicht der Mäch­te vor und liess Frank­reich sei­ne Ge­bie­te, die es seit 1792 be­sass.

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Die Wie­ner Be­schlüs­se gin­gen vom Prin­zip der Re­stau­ra­ti­on aus, d.h. die vor­re­vo­lu­tio­nä­ren Zu­stän­de soll­ten wie­der her­ge­stellt wer­den. Neue Wün­sche wur­den kaum be­rück­sich­tigt, da die ver­schie­de­nen Staa­ten un­ter­schied­li­che Er­geb­nis­se woll­ten, z.B. woll­te Russ­land eine Macht­aus­deh­nung nach Wes­ten, was nicht statt­ge­ge­ben wur­de. Den­noch wur­den ein­zel­ne Tei­le der neu­en Wün­sche be­rück­sich­tigt. So wur­de Deut­schland nicht mehr in 300 Tei­le zer­split­tert, son­dern nur noch in 39 Staa­ten. Da­durch ent­stand mit dem 8. Ju­ni 1815 ein Deut­scher Bund, mit einem Zen­tral­or­gan, dem Bun­des­tag, wel­cher sei­nen Sitz in Frank­furt a.M. hat­te. Zur Si­che­rung der Sta­bi­li­tät wur­den auch ter­ri­to­ria­le Ver­än­de­run­gen vor­ge­nom­men: Preus­sen wuchs nach Deut­schland hin­ein und wur­de Nach­bar Frank­reichs (Wacht am Rhein), Ös­ter­reich wuchs aus Deut­schland her­aus und er­warb Ge­bie­te in Ita­li­en, um die Apen­ni­nen­halb­in­sel ge­gen Frank­reich zu si­chern. Dar­über hin­aus bil­de­ten die gros­sen Mo­nar­chi­en Ös­ter­reich, Preus­sen und Russ­land die «Hei­li­ge Al­li­anz», einen ‘Bund von Thron und Al­tar’ zur Ver­hin­de­rung re­vo­lu­tio­nä­rer Um­trie­be.

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Der Wiener Kongress und die Schweiz

Ein dip­lo­ma­tisch nicht all­zu ge­wand­ter Lei­ter der schwei­ze­ri­schen De­le­ga­ti­on aus Biel hat­te nicht al­le Wün­sche der Eid­ge­nos­sen an die­sem Kon­gress zu ver­wirk­li­chen ver­mocht.

Erklärung des Wiener Kongresses zur Schweiz (1815)

Beim Wiener Kon­gress ge­lang­te eine spe­zi­el­le Kom­mis­si­on für die Re­ge­lung der schwei­ze­ri­schen Ver­hält­nis­se zu die­ser Er­klä­rung, de­ren Bil­li­gung durch die Tag­sat­zung spä­ter mit der Neu­tra­li­täts­ga­ran­tie be­lohnt wur­de. Die Er­klä­rung wur­de von den Pakt­staa­ten am 20. März 1815 in Wien ab­ge­ge­ben.

Zusätz­lich zu den neun­zehn Me­dia­ti­ons­kan­to­nen soll­ten nach dem Wil­len der Pakt­staa­ten das Wal­lis, Genf und Neu­en­burg zur Schweiz ge­hö­ren (Art. 2); das Velt­lin, Chia­ven­na und Bor­mio gin­gen ver­lo­ren. Der fürst­bischöf­li­che Ju­ra wur­de dem Kan­ton Bern an­ge­glie­dert. Für ih­re Un­ab­hän­gig­keit muss­ten die Kan­to­ne Aar­gau, Waadt, Tes­sin und St.‌Gal­len den al­ten Kan­to­nen eine Ent­schä­di­gung zah­len (Art. 6).

Der Erklärungs­text ist ab­ge­druckt in der Of­fi­zi­el­len Samm­lung des Schwei­ze­ri­schen Staats­rechts, Zü­rich 1820, Seite 59 ff.

Nach­dem schon Na­po­lé­on der zer­strit­te­nen Schweiz gut zehn Jah­re vor­her eine to­tal neue Struk­tur und eine vom re­vo­lu­tio­nä­ren Frank­reich be­ein­fluss­te neue Rechts­ord­nung ver­passt hat­te, wa­ren es dies­mal die euro­päi­schen Gross­mäch­te, die für die Schweiz die im We­sent­li­chen heu­te noch gül­ti­ge Struk­tur be­stimm­ten. — Auch die ga­ran­tier­te im­mer­wäh­ren­de Neu­tra­li­tät ent­stand aus der Gross­mäch­te Gna­den.

Die­sen Teil un­se­rer Ge­schich­te ver­ges­sen un­se­re Spe­zi­al­pa­trio­ten ger­ne. Un­ser Rechts­sys­tem, die Staats­form und das Staats­ge­biet wur­den erst mal durch Na­po­lé­on be­stimmt. Der Wie­ner Kon­gress hat der Schweiz noch mal das gan­ze Vel­tin, von Bor­mio bis Chia­ven­na, ab­ge­zwackt. Die Schweiz ent­sand­te an die­sen Kon­gress einen auf di­plo­ma­ti­schem Par­quett un­er­fah­re­nen Ge­sand­ten. Ob das bei die­sen Ent­schei­den eine Rol­le ge­spielt hat, ist nicht be­kannt.

An die­sem Kon­gress er­folg­te auch die An­er­ken­nung der Neu­tra­li­tät der Schweiz ge­gen ih­ren eige­nen Wil­len. Preus­sen hat die Schweiz da­mals da­zu er­presst, weil die Gross­mäch­te nach den Kriegs­wir­ren im Zen­trum Euro­pas einen neu­tra­len Pol brauch­ten. Preus­sen droh­te der Schweiz, die im West­fäli­schen Frie­den (an­no 1515) zu­ge­sag­te An­er­ken­nung der Un­ab­hän­gig­keit vom Deut­schen Reich wie­der zu ent­zie­hen, falls sie sich nicht als «neu­tral» er­klä­re.

Erst die neue Bun­des­ver­fas­sung von 1848 ist ein aus eige­ner Kraft ent­stan­de­nes Werk. Sie hat aber die Struk­tu­ren, wie sie vom Wie­ner Kon­gress fest­ge­legt wur­den, und auch die Prin­zi­pi­en des Na­po­lé­on'schen Rechts­sys­tems nur we­nig ver­än­dert.

Erklärung zum Wiener Kongress (Uni Bern)
Verfassungsgeschichte der Schweiz (Uni Bern)