Remimbi

Chi­na will das Yuan-Geld­zei­chen auf der gan­zen Welt be­kannt ma­chen.

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Chi­na will das Yuan-Geld­zei­chen auf der gan­zen Welt be­kannt ma­chen.

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Chi­na will das Yuan-Geld­zei­chen auf der gan­zen Welt be­kannt ma­chen.

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Die Seidenstrasse des Geldes

Die Vor­herr­schaft des US-Dol­lars im glo­ba­len Fi­nanz­sys­tem wird über kurz oder lang en­den.

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An sei­ne Stel­le dürf­te der chi­ne­si­sche Yuan tre­ten. Die Fra­ge ist nur — wie.
Gibt es einen sanf­ten Über­gang?
oder einen Knall?

Von Simon Schmid, 08.02.2018
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Wal­ter Cun­lif­fe wuss­te, dass ein gros­ser Krieg in Euro­pa nicht nur Tod und Elend auf dem Schlacht­feld mit sich brin­gen wür­de, son­dern auch den fi­nan­zi­el­len Kol­laps.

Mit Trä­nen in den Augen sprach der Gou­ver­neur der Bank of Eng­land am Abend des 31. Ju­li 1914 zu sei­ner Re­gie­rung. Der Er­ste Welt­krieg war da drei Ta­ge alt. Gross­bri­tan­ni­en wür­de sich ver­schul­den müs­sen, an Pre­sti­ge ver­lie­ren, das Pfund Ster­ling ab­wer­ten. Und nicht lan­ge, da wür­de das Pfund sei­ne Son­der­stel­lung als glo­ba­le An­ker­wäh­rung ver­lie­ren.

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«Keep us out of it. We shall be rui­ned if we are drag­ged in», sag­te er. Wir wer­den rui­niert, wenn wir da hin­ein­ge­zo­gen wer­den.

Gut hun­dert Jah­re spä­ter steht die Welt zwar nicht am Ran­de eines Krie­ges. Doch wie­der bahnt sich eine Zei­ten­wen­de an. Der ton­an­ge­ben­den Wirt­schafts­macht droht der Ver­lust eines ih­rer Pri­vi­le­gi­en: des Vor­rangs ih­rer Wäh­rung auf dem in­ter­na­tio­na­len Fi­nanz­par­kett.

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Die Re­de ist von den Ver­einig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka und dem US-Dol­lar. Die Ära des Green­back neigt sich ih­rem En­de zu. Ähn­lich wie Gross­bri­tan­ni­en die Wäh­rungs­vor­macht zu Be­ginn des 20. Jahr­hun­derts ver­lor, steht er­neut eine Neu­ta­rie­rung der Wäh­run­gen an.

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Wa­rum? Das lässt sich aus der Ge­schich­te ab­le­sen, der Ge­schich­te vom Auf­stieg des Dol­lars. Der Wirt­schafts­hi­sto­ri­ker Bar­ry Eichen­green hat sie im Buch «Exor­bi­tant Pri­vi­le­ge» be­schrie­ben. Er zeigt dar­in, wie sich die Wäh­rungs­ar­chi­tek­tur in­ner­halb von we­ni­gen Jah­ren kom­plett ver­än­dern kann — wenn die Zeit reif ist da­für. Dann dau­ert es nicht lan­ge, und eine An­ker­wäh­rung wird durch eine an­de­re ab­ge­löst.

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Der Durch­bruch des Green­back

Der Dol­lar be­trat die in­ter­na­tio­na­le Büh­ne ver­gleichs­wei­se spät: um 1900. Zu­vor wa­ren die USA als Fi­nanz­platz noch un­be­deu­tend ge­we­sen, nicht ein­mal eine Zen­tral­bank be­sas­sen sie. Der Dol­lar galt als Flat­ter­wäh­rung.

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Kei­ne ein­zi­ge ame­ri­ka­ni­sche Bank ver­füg­te da­mals über eine Ver­tre­tung im Aus­land. Der Han­del lief über Geld­häu­ser in Lon­don, al­le in­ter­na­tio­na­len Ge­schäf­te wur­den in Pfund Ster­ling fi­nan­ziert.

B�rse NY

Die USA wa­ren be­reits die gröss­te Han­dels­na­ti­on. Nach der Jahr­hun­dert­wen­de stie­gen sie auch zum wich­tig­sten Fi­nanz­zen­trum auf: Börse von New York, 1889.

Bettman/Getty

Börse NY
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Die USA wa­ren be­reits die gröss­te Han­dels­na­ti­on. Nach der Jahr­hun­dert­wen­de stie­gen sie auch zum wich­tig­sten Fi­nanz­zen­trum auf: Börse von New York, 1889.

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Börse NY

Die USA wa­ren be­reits die gröss­te Han­dels­na­ti­on. Nach der Jahr­hun­dert­wen­de stie­gen sie auch zum wich­tig­sten Fi­nanz­zen­trum auf: Börse von New York, 1889.

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Doch der Er­ste Welt­krieg stell­te die Ver­hält­nis­se auf den Kopf. Die USA wur­den als Ex­port­na­ti­on un­ver­zicht­bar. Euro­pa brauch­te Ge­trei­de, Baum­wol­le, Ka­no­nen und Schiess­pul­ver aus den USA. Und es brauch­te ame­ri­ka­ni­sches Ka­pi­tal — be­reit­ge­stellt von Ban­ken in New York.

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Die 1913 ge­grün­de­te Fe­de­ral Re­ser­ve, die ame­ri­ka­ni­sche Zen­tral­bank, sta­bi­li­sier­te das US-Fi­nanz­sys­tem. Ban­ken konn­ten sich nun bei der Zen­tral­bank fri­sches Geld bor­gen, falls am Markt Pa­nik aus­brach — was in der kri­sen­an­fäl­li­gen Zeit zu­vor öf­ter pas­siert war.

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So nah­men Staa­ten und Un­ter­neh­men im­mer mehr Kre­dit in Ame­ri­ka auf. Na­tür­lich in Dol­lar. An­ders als Gross­bri­tan­ni­en blie­ben die USA über wei­te Strec­ken des Krie­ges auch dem Gold­stan­dard treu: Ge­gen Vor­wei­sen einer Dol­lar­no­te zahl­te die Fe­de­ral Re­ser­ve zu­ver­läs­sig 1,5 Gramm Gold aus.

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Der Dol­lar blieb den gan­zen Krieg über ein si­che­rer Wert. Und über­hol­te das bri­ti­sche Pfund be­reits 1924 als glo­ba­le Leit­wäh­rung: Er wur­de zur Wäh­rung, in der Zen­tral­ban­ken am mei­sten De­vi­sen­re­ser­ven hiel­ten.

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Die Leit­wäh­rung zu stel­len, bringt einem Land meh­re­re Vor­tei­le:

Dollars
Dollars für die Weltwirtschaft: Sekretäre des US-Finanzministeriums, 1933. Bettmann/Getty
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Die Ver­einig­ten Staa­ten fan­den Ge­fal­len an ih­rem Pri­vi­leg. Und för­der­ten die in­ter­na­tio­na­le Rol­le des Dol­lars. 1944 tra­fen sich in der ame­ri­ka­ni­schen Klein­stadt Bret­ton Woods die Fi­nanz­mi­ni­ster und No­ten­bank­chefs von 44 Staa­ten und be­schlos­sen eine neue Wäh­rungs­ord­nung. Die­se ver­pflich­te­te al­le In­du­strie­län­der, ih­re Wäh­run­gen an den Dol­lar zu kop­peln. TOP Wur­de der Fran­ken ge­gen­über dem Dol­lar schwä­cher, muss­te die Schwei­ze­ri­sche Na­tio­nal­bank (SNB) Dol­lar kau­fen — wur­de der Fran­ken stär­ker, muss­te sie Dol­lar ver­kau­fen. Die Zen­tral­ban­ken al­ler Welt wa­ren nun fak­tisch ver­pflich­tet, einen Grund­stock an US-Bank­no­ten oder US-Wert­pa­pie­ren im Tre­sor zu hal­ten. Da­für hat­ten die an­de­ren Län­der die Si­cher­heit einer sta­bi­len Wäh­rungs­ord­nung, vor al­lem, weil sich die US-Re­gie­rung ver­pflich­te­te, TOP den Dol­lar im Verg­leich zum Gold­preis sta­bil zu hal­ten.

Dollars

Dol­lars für die Welt­wirt­schaft: Sek­re­täre des US-Finanz­ministeriums, 1933.

Bettmann/Getty

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Dol­lars für die Welt­wirt­schaft: Sek­re­täre des US-Finanz­ministeriums, 1933.

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Das Bret­ton-Woods-Sys­tem brach 1973 zu­sam­men, weil die USA die­se Ver­pflich­tung nicht ein­hiel­ten. Trotz­dem blieb der Dol­lar die glo­ba­le Leit­wäh­rung. Die Fi­nanz­welt hat­te sich an die uni­ver­sa­le Tausch- und Re­chen­ein­heit ge­wöhnt.

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Der Dol­lar ist bis heu­te die wich­tig­ste Wäh­rung ge­blie­ben.

Der Dol­lar steht im Ze­nit, er ist der Mus­kel­mann un­ter den Wäh­run­gen. Und doch ist es nur eine Fra­ge der Zeit, bis sein Stel­len­wert ab­neh­men wird.

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Die gros­se Ver­la­ge­rung nach Osten

Der Grund da­für ist in Asi­en zu su­chen. Ge­nau­er: in Chi­na. Die Volks­re­pub­lik steht heu­te am sel­ben Punkt, an dem Ame­ri­ka am Vor­abend des Er­sten Welt­kriegs stand: ein wirt­schaft­li­cher Rie­se, der fi­nan­zi­ell weit un­ter sei­ner Ge­wichts­klas­se boxt.

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Chi­na ist die gröss­te Ex­port­na­ti­on die gröss­te Ex­port­na­ti­on (https://www.statista.com/statistics/264623/leading-export-countries-worldwide/) der Welt. Bald wird es die USA auch als gröss­te Volks­wirt­schaft über­ho­len. 1,3 Mil­li­ar­den Men­schen le­ben in Chi­na, rund vier­mal so vie­le wie in den USA. Wei­te­re 3 Mil­li­ar­den Men­schen le­ben in den rest­li­chen asia­ti­schen Staa­ten, dem na­tür­li­chen Ein­zugs­ge­biet der chi­ne­si­schen Volks­wirt­schaft.

Die­ser Raum wächst wirt­schaft­lich mehr als dop­pelt so schnell wie die USA und Euro­pa. So et­was wie Glo­ba­li­sie­rungs­mü­dig­keit exi­stiert in Asi­en nicht.

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Ähn­lich wie Ame­ri­ka vor hun­dert Jah­ren ver­än­dert sich Chi­na ra­sant. Noch vor einer Ge­ne­ra­ti­on war das Land ab­ge­rie­gelt. Bis in die Neun­zi­ger­jah­re war kei­ne ein­zi­ge chi­ne­si­sche Bank im Aus­land ver­tre­ten. In der Zwi­schen­zeit wur­de der Wa­ren­han­del mit dem Aus­land ge­pusht, es wurden west­li­che Fir­men ins Land ge­las­sen und die fi­nan­zi­el­le Li­be­ra­li­sie­rung in die We­ge ge­lei­tet.

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In den letz­ten Jah­ren wur­den in Hong­kong, Lon­don, Zü­rich und an zwan­zig wei­te­ren Stand­or­ten so­ge­nann­te Ren­min­bi-Hubs er­öff­net. Dort kann über chi­ne­si­sche Ban­ken in Yu­an ge­han­delt wer­den. Chi­nas Wäh­rung wird Ren­min­bi oder Yu­an ge­nannt, zwei Be­grif­fe, die im wei­te­sten Sinn das Glei­che mei­nen — ähn­lich wie in Gross­britan­ni­en Pfund und Ster­ling.

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Der Ren­min­bi ist zwar noch nicht frei kon­ver­tier­bar. Doch dies än­dert sich. 2007 wur­de in Hong­kong der er­ste Dim-Sum-Bond aus­ge­ge­ben: die er­ste, in Yu­an de­no­mi­nier­te An­lei­he aus­ser­halb von Fest­land­chi­na. En­de 2015 folg­te der er­ste so­ge­nann­te Pan­da-Bond: Die Bank HSBC leg­te als er­ste aus­län­di­sche Fir­ma in Chi­na eine in Ren­min­bi lau­ten­de An­lei­he auf.

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Der chi­ne­si­sche Markt für An­lei­hen, al­so für Schuld­ti­tel von Un­ter­neh­men oder Ge­biets­kör­per­schaf­ten, wächst. Ge­mäss der UBS ist er zur­zeit mit knapp 10 Bil­lio­nen Dol­lar erst ein Vier­tel so gross wie je­ner der USA. Doch be­reits in den näch­sten fünf Jah­ren soll sich sein Vo­lu­men ver­dop­peln.

B�rse Shanghai

Nur wenn Chi­na sei­nen Fi­nanz­markt öff­net, kann der Ren­min­bi zur Welt­wäh­rung wer­den: Bör­se in Shang­hai, 2017.

Qilai Shen/Bloomberg/Getty

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Nur wenn Chi­na sei­nen Fi­nanz­markt öff­net, kann der Ren­min­bi zur Welt­wäh­rung wer­den: Bör­se in Shang­hai, 2017.

Qilai Shen/Bloomberg/Getty

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2014 und 2016 wur­den die Bör­sen von Shang­hai und Shen­zhen mit der Bör­se in Hong­kong ver­netzt. An­le­ger kön­nen über Bro­ker in Hong­kong nun in chi­ne­si­sche Ak­ti­en in­ve­stie­ren. Im No­vem­ber 2017 kün­dig­te Pe­king zu­dem eine Loc­ke­rung an, auf die Ban­ken wie UBS oder JP Mor­gan Cha­se lan­ge ge­war­tet hat­ten: Statt 49 Pro­zent dür­fen sie künf­tig 51 Pro­zent an Joint Ven­tu­res in Chi­na hal­ten — und Ban­ken in der Volks­re­pub­lik kon­trol­lie­ren.

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All die­se Än­de­run­gen sind wich­tig. Denn nur wenn die Welt frei­en Zu­gang zum Ren­min­bi hat, kann die­ser zur glo­ba­len Leit­wäh­rung auf­stei­gen.

Der In­ter­na­tio­na­le Wäh­rungs­fonds nahm Chi­nas Wäh­rung vor zwei Jah­ren in den Korb der so­ge­nann­ten Son­der­zie­hungs­rech­te auf. Er an­er­kann­te den Ren­min­bi da­mit als of­fi­zi­el­le Re­ser­ve­wäh­rung. Kre­di­te des IWF an Staa­ten in Fi­nanz­not wer­den da­mit künf­tig in Yu­an mit­fi­nan­ziert.

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Die SNB hat be­reits 2015 be­kannt ge­ge­ben, einen Teil ih­rer Re­ser­ven aus die­sem Grund in Yu­an zu hal­ten. Im Ja­nu­ar 2018 ver­mel­de­te auch die Deut­sche Bun­des­bank, dass sie Yu­an ge­kauft ha­be.

Auf die Fra­ge eines Re­por­ters, wa­rum sie chi­ne­si­sche De­vi­sen hal­te, sagte Bun­des­bank-Vor­stand And­re­as Dom­bret: «Weil wir sie brau­chen.»

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Han­deln ent­lang der Sei­den­stras­se

Wa­rum braucht eine Zen­tral­bank eine be­stimm­te Wäh­rung?

Die Har­vard-Öko­no­min Car­men Rein­hart hat her­aus­ge­fun­den (http://www.nber.org/papers/w23134), dass Zen­tral­ban­ken vor­zugs­wei­se je­ne Wäh­run­gen hal­ten, zu de­nen sie die ge­ring­sten Kurs­schwan­kun­gen an­stre­ben. Die SNB hält zum Bei­spiel vie­le Euros, um die Schwan­kun­gen des Fran­kens zum Euro ge­ring zu hal­ten.

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Die Aus­wahl der Re­ser­ve­wäh­rung rich­tet sich nach den Han­dels­part­nern und nach den Wäh­run­gen, in de­nen ein­hei­mi­sche Fir­men ver­schul­det sind.

Län­der wie Süd­ko­rea ha­ben nach der Asi­en­kri­se von 1997 gros­se Men­gen an Dol­lars (http://www.economist.com/node/9432495) an­ge­häuft, um ge­gen Wäh­rungs­schwan­kun­gen ge­wapp­net zu sein. Auch die Zen­tral­bank von Chi­na hat aus die­sem Grund vie­le Dol­lars ge­kauft: Nach der Auf­nah­me in die Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on WTO ging es da­rum, den Ren­min­bi sta­bil zu hal­ten und den Ex­port in die USA an­zu­kur­beln.

In­zwi­schen ha­ben sich die asia­ti­schen Län­der aber vom Dol­lar eman­zi­piert. Staa­ten und Un­ter­neh­men ver­schul­den sich öf­ter in lo­ka­len Wäh­run­gen.

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Und sie dürf­ten Kre­di­te in Zu­kunft öf­ter auch in Yu­an auf­neh­men.

Die In­ter­na­tio­na­li­sie­rung des Ren­min­bi ist ein stra­te­gi­sches Ziel von Pe­king. Die chi­ne­si­sche Re­gie­rung orien­tiert sich da­bei an der klas­si­schen Sei­den­stras­se. Sie war bis zum 14. Jahr­hun­dert die wich­tig­ste Ver­bin­dung zwi­schen Chi­na und dem We­sten, auf ihr wur­den nicht nur Wa­ren, son­dern auch Tech­no­lo­gi­en und Ide­en trans­por­tiert.

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Nun wur­de die neue Sei­den­stras­se ini­ti­iert: eine Han­dels­rou­te zu Lan­de und zu Was­ser, die über Asi­en und Af­ri­ka nach Euro­pa füh­ren soll. In­fra­struk­tur­in­ve­sti­tio­nen über meh­re­re Bil­lio­nen Dol­lar sind da­für ge­plant. Chi­ne­si­sche Gel­der sol­len Stras­sen, Brüc­ken, Hä­fen, Eisen­bah­nen, Kraft­wer­ke und Pi­pe­li­nes in über sech­zig Län­dern fi­nan­zie­ren.

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Ge­spro­chen wird das Geld von di­ver­sen In­sti­tu­tio­nen — dar­un­ter die 2015 auf chi­ne­si­sche Ini­tia­ti­ve ge­grün­de­te Asia­ti­sche In­fra­struk­tur­in­vest­ment­bank (AIIB) und wei­te­re chi­ne­si­sche Ent­wick­lungs­ban­ken. Aus­be­zahlt wird teils in US-Dol­lar — und teils in Yu­an. Ban­ken wie HSBC ste­hen schon in den Start­lö­chern, um den Ren­min­bi-Han­del ent­lang der Sei­den­stras­se zu or­ga­ni­sie­ren.

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Chi­na plant, auch den Öl­han­del künf­tig in eige­ner Wäh­rung ab­zu­wic­keln. Die Bör­se von Shang­hai führt die­ses Jahr neue Ter­min­kon­trak­te ein (foreignpolicy.com/2018/01/18/chinas-bid-upend-global-oil-market-petroyuan-shanghai/), bei dem der Erd­öl­preis nicht mehr in Dol­lar an­ge­ge­ben wird, son­dern in Yu­an. Chi­na er­hofft sich da­mit eine grös­se­re Un­ab­hän­gig­keit von der Po­li­tik der USA.

Shanghai

Chi­nas Staats­prä­si­dent Xi Jin­ping will sein Land in eine gros­se Zu­kunft füh­ren: Auto­bah­nen in Shang­hai.

Weiyi Zhu/Getty

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Chi­nas Staats­prä­si­dent Xi Jin­ping will sein Land in eine gros­se Zu­kunft füh­ren: Auto­bah­nen in Shang­hai.

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Staats­prä­si­dent Xi Jin­ping will Chi­na bis 2035 zu einem «in­no­va­ti­ven Land» und bis 2050 zu einer «glo­ba­len Füh­rungs­macht» ma­chen. Die voll­stän­di­ge Li­be­ra­li­sie­rung des Ka­pi­tal­ver­kehrs ist ein Teil die­ses Plans.

Chi­nas Wäh­rung wird wich­ti­ger. Der Dol­lar wird an Be­deu­tung ver­lie­ren. Doch wie schnell ver­läuft der Wan­del? Und ist er be­grüs­sens­wert?

Sze­na­rio 1: Ein lang­sa­mer Wan­del

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Man muss vor­sich­tig sein mit Pro­gno­sen zum Dol­lar. Der Green­back wur­de schon oft tot­ge­sagt, et­wa nach dem En­de von Bret­ton Woods und bei der Grün­dung der Eu­ro­päi­schen Wäh­rungs­uni­on nach 1999.

Doch die US-Wäh­rung straf­te ih­re Zweif­ler stets Lü­gen.

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Das hat we­ni­ger mit der Po­li­tik der Ver­einig­ten Staa­ten zu tun, son­dern mit den zwei po­ten­zi­el­len Wi­der­sa­chern des Dol­lars: dem Euro und dem Ren­min­bi:

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Die bei­den Er­eig­nis­se zei­gen, dass die zwei Kon­kur­ren­ten noch nicht stark ge­nug sind, um den Dol­lar aus eige­ner Kraft zu ver­drän­gen. Sie il­lu­strie­ren über­dies, wo Chi­na die Prio­ri­tä­ten bei der Li­be­ra­li­sie­rung des Fi­nanz­markts setzt: bei der Sta­bi­li­tät, nicht der Ge­schwin­dig­keit.

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Die chi­ne­si­sche Füh­rung dürf­te in den kom­men­den Jah­ren al­les da­ran set­zen, dass die fi­nan­zi­el­le Öff­nung oh­ne Tur­bu­len­zen ab­läuft. Eine kniff­li­ge Auf­ga­be, denn es gilt, zwei ge­gen­läu­fi­ge Fi­nanz­strö­me aus­zu­ba­lan­cie­ren. Auf der einen Sei­te wol­len vie­le aus­län­di­sche An­le­ge­rin­nen in Chi­na in­ve­stie­ren. Auf der an­de­ren Sei­te wol­len vie­le Chi­ne­sen im Aus­land an­le­gen.

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Öff­net sich Chi­na zu schnell, könn­te die Wäh­rung ent­we­der durch die Dec­ke ge­hen oder in den Kel­ler fal­len — je nach­dem, wel­cher Strom über­wiegt. Die In­ter­na­tio­na­li­sie­rung des Ren­min­bi muss Schritt für Schritt er­fol­gen.

Op­ti­mal wä­re für Chi­na, wenn der Ren­min­bi sich nach und nach ver­brei­tet. Und mit der Zeit eine Art Wäh­rungs-G-3 ent­steht: mit dem Dol­lar, dem Euro und dem Ren­min­bi als glo­ba­len Leit­wäh­run­gen.

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Von einer sol­chen Kon­stel­la­ti­on wür­den auch die USA pro­fi­tie­ren. Aus ih­rer Sicht ist die Vor­macht des Dol­lars näm­lich nicht nur ein Vor­teil. Son­dern auch eine Bür­de, die das Land im­mer stär­ker be­la­stet.

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Es geht da­bei um den Han­del. Die USA ha­ben sich im 20. Jahr­hun­dert qua­si da­zu ver­pflich­tet, ih­re Wäh­rung der gan­zen Welt als Zah­lungs­mit­tel zur Ver­fü­gung zu stel­len. Um die­ses Zah­lungs­mit­tel zu nut­zen, muss­ten sich die an­de­ren Län­der aber erst ein­mal Dol­lars be­schaf­fen. Sie ta­ten dies, in­dem sie Wa­ren in die USA lie­fer­ten — vie­le Wa­ren.

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Die US-Han­dels­bi­lanz ist aus die­sem Grund in ein dau­er­haf­tes De­fi­zit ge­rutscht (www.nber.org/papers/w11137), wie der ehe­ma­li­ge IWF-Chef­volks­wirt Oli­vier Blan­chard fest­hält. Die Im­por­te über­stei­gen die Ex­por­te seit den 1980er-Jah­ren sys­te­ma­tisch.

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Das ist ein ern­stes Prob­lem. Das Han­dels­de­fi­zit hat die US-Wirt­schaft sehr kon­sum­la­stig ge­macht. Die Pro­duk­ti­on hat ge­lit­ten. Über­mäs­sig vie­le In­du­strie­jobs gin­gen in den USA ver­lo­ren, wie der Zür­cher Öko­nom Da­vid Dorn in sei­ner Un­ter­su­chung zum so­ge­nann­ten «China Shock» (https://economics.mit.edu/files/12751) zeigt. Mit­schuld da­ran trägt der do­mi­nan­te Dol­lar.

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Es ist al­so kein Zu­fall, dass mit Do­nald Trump ein schar­fer Kri­ti­ker der Glo­ba­li­sie­rung zum Prä­si­den­ten ge­wählt wur­de. Ame­ri­ka will nicht mehr im in­ter­na­tio­na­len Zen­trum ste­hen — es will ein­fach nur ar­bei­ten.

Es ist vor die­sem Hin­ter­grund auch kein Zu­fall, dass die Ad­mi­ni­stra­ti­on von Do­nald Trump einen schwä­che­ren Dol­lar wünscht. Fi­nanz­mi­ni­ster TOP Steven Mnuchin (➙ https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-01-24/mnuchin-says-weaker-dollar-is-good-for-u-s-due-to-trade) sag­te et­wa kürz­lich in Da­vos, ein nie­dri­ger Dol­lar­kurs sei «gut für den Han­del». Für einen US-Re­gie­rungs­be­am­ten ist die­se Rhe­to­rik eigent­lich ein No-go. Mnu­chin kor­ri­gier­te sich spä­ter, doch die Bot­schaft war be­reits plat­ziert: Ein schwä­che­rer Dol­lar kä­me der US-Re­gie­rung ge­le­gen.

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Eine Faust­re­gel be­sagt, dass eine Ab­wer­tung des Dol­lars um 10 Pro­zent das US-Han­dels­de­fi­zit um 1 Pro­zent­punkt ver­rin­gert. Ak­tu­ell liegt das Han­dels­de­fi­zit (https://www.census.gov/foreign-trade/statistics/highlights/annual.html) bei fast 3 Pro­zent. An der Bör­se ist der Dol­lar zu­letzt ge­fal­len: Setzt sich der Trend fort und der Dol­lar sinkt in den näch­sten Jah­ren um ge­gen 30 Pro­zent, könn­te dies die Han­dels­bi­lanz der USA wie­der ins Lot brin­gen. Un­ter dem Strich wä­re das für Ame­ri­ka eine po­si­ti­ve Ent­wick­lung.

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Wird der Dol­lar als Leit­wäh­rung ent­la­stet, so sinkt auch die Nach­fra­ge nach si­che­ren Staats­an­lei­hen aus den USA — und da­mit der An­reiz für die Re­gie­rung, sich noch wei­ter zu ver­schul­den. Zu­dem, so schre­iben die Öko­no­men Em­ma­nu­el Far­hi, Pier­re-Oli­vier Gou­rin­chas und Hé­lè­ne Rey (https://voxeu.org/epubs/cepr-reports/reforming-international-monetary-system), wür­de das Ri­si­ko von Fi­nanz­bla­sen ver­rin­gert.

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Szenario 2: Der Dollar crasht

Es könn­te je­doch auch ganz an­ders kom­men. Und zwar dann, wenn die Dol­lar-Ab­lö­sung nicht aus der Stär­ke der rest­li­chen Welt her­aus er­folgt, son­dern aus einer in­ne­ren Schwä­che der USA.

Ge­meint ist eine so­zia­le, po­li­ti­sche und fi­nan­zi­el­le Schwä­che.

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Es geht um einen fun­da­men­ta­len Ver­trau­ens­ver­lust in die Ver­einig­ten Staa­ten. Nur ein sol­cher könn­te dem Dol­lar das Ge­nick bre­chen, schreibt Bar­ry Eichen­green: «The on­ly plau­si­ble sce­na­rio for a dol­lar crash is one in which we bring it upon our­sel­ves.» Crasht der Dol­lar, dann ha­ben wir uns das selbst zu­zu­schrei­ben.

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Ge­meint ist ein Sze­na­rio, in dem pri­va­te und staat­li­che An­le­ge­rin­nen auf der gan­zen Welt ih­re Dol­lar-In­vest­ments ra­pi­de ab­stos­sen, was den Wert des Dol­lars ver­nich­ten und zu mas­si­ven glo­ba­len Ver­wer­fun­gen füh­ren wür­de.

Die Warn­lam­pen für einen sol­chen Crash ste­hen auf Oran­ge.

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Ein Prob­lem sind die Schul­den. Trumps Steu­er­re­form wird die Fi­nan­zen der USA be­la­sten. Das Bi­par­ti­san Po­li­cy Cen­ter, ein neu­tra­ler Think­tank, schätzt, dass das De­fi­zit bis 2019 auf 1,1 Bil­lio­nen Dol­lar (https://bipartisanpolicy.org/blog/when-will-federal-deficits-hit-1-trillion-next/) stei­gen wird, was 5,7 Pro­zent des BIP ent­spricht. Nach An­ga­ben der «Fi­nan­cial Ti­mes» wä­re dies der höch­ste in Frie­dens- und Nicht­kri­sen­zei­ten je­mals re­gi­strier­te Wert.

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Zu­sätz­li­ches Wirt­schafts­wachs­tum wird von der Re­form nicht e­rwar­tet, da die Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten der USA oh­ne­hin schon aus­ge­la­stet sind. Statt­des­sen könn­te die In­fla­ti­on stei­gen. Was wie­der­um zu hö­he­ren Zin­sen und einer noch grös­se­ren Be­la­stung für die Staats­fi­nan­zen füh­ren wür­de.

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Ein wei­te­res Prob­lem ist die Han­dels­po­li­tik. Trump hat in sei­nem er­sten Amts­jahr das pa­zi­fi­sche Han­dels­ab­kom­men TPP auf­ge­kün­digt. Er hat Me­xi­ko mit einem Aus­tritt aus der nord­ame­ri­ka­ni­schen Frei­han­dels­zo­ne Naf­ta ge­droht. Zu­letzt hat sei­ne Re­gie­rung Zöl­le auf Wasch­ma­schi­nen und So­lar­zel­len ein­ge­führt.

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Der Pro­tek­tio­nis­mus wird da und dort ein paar Jobs ret­ten. Doch die USA als Gan­zes wird die Po­li­tik nicht vor­an­brin­gen. «Ame­ri­ca First» wirkt sich un­ter dem Strich ne­ga­tiv auf das Wirt­schafts­wachs­tum aus und da­mit auf die Fä­hig­keit der USA, ih­ren Staats­haus­halt zu fi­nan­zie­ren.

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Desa­strös wä­re, wenn die pro­tek­tio­ni­sti­schen Droh­ge­bär­den in einen ech­ten Han­dels­krieg mün­den wür­den. Dann stün­de nebst Ame­ri­kas gu­tem Ruf https://www.republik.ch/2018/01/26/ein-laecheln-in-peking auch sei­ne Wäh­rung in­fra­ge.

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Län­der aus Af­ri­ka, die Trump kürz­lich als «Scheiss­lö­cher» be­zeich­net ha­ben soll, könn­ten sich un­ter die­sen Um­stän­den erst recht von den Ver­einig­ten Staa­ten ab­wen­den. Zahl­rei­che wei­te­re Han­dels­part­ner, die Trump in den letz­ten Mo­na­ten brüs­kiert hat, könn­ten sich nach wäh­rungs­po­li­ti­schen Al­ter­na­ti­ven um­se­hen. Es könn­te zu einer ähn­li­chen Es­ka­la­ti­on wie in den Dreis­si­ger­jah­ren kom­men, als die USA letzt­mals um­fang­rei­che Schutz­zöl­le ein­führ­ten und sich die Zen­tral­ban­ken vor­über­ge­hend vom Green­back ab­wand­ten.

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Zieht Trump sei­ne Po­li­tik oh­ne Skru­pel durch, wird die Wäh­rung der Ver­einig­ten Staa­ten er­neut in Un­gna­de fal­len. Und die Vor­herr­schaft des Dol­lars en­det mit einem Knall.

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