Nicht schlecht haben etliche Pendler aus dem Wehntal letzte Woche gestaunt, als sie per Durchsage angewiesen wurden, den Zug in Steinmaur zu verlassen. Der Grund: Weil die S15 aus Zürich Verspätung hatte, konnte sie nicht wie gewohnt bis zur Endhaltestelle in Niederweningen fahren, sondern musste drei Haltestellen vorher in Steinmaur gewendet werden. «Wir mussten alle aussteigen und bei Minustemperaturen auf den nächsten Zug warten», berichtet ein wütender Fahrgast.
Geärgert hat sich die Pendlerin vor allem über die «miserable Information» der SBB, wie sie sagt. Sie seien erst in Dielsdorf über das vorzeitige Ende ihrer Fahrt informiert worden. Während Dielsdorf noch über eine gewisse Infrastruktur verfügt, steht den Pendlern am Bahnhof in Steinmaur nichts zur Verfügung: kein beheizter Warteraum, kein WC und kein Restaurant, wo sich die Wartezeit etwas angenehmer gestalten liesse.
Dass es sich dabei um keinen Einzelfall handelt, weiss Melissa Hösli. Die Oberweninger Gemeinderätin und Präsidentin der Regionalen Verkehrskonferenz Zürcher Unterland erhielt diverse Reklamationen von Pendlern aus dem Wehntal. «Mir wurden seit der Fahrplanumstellung am 13. Dezember sieben Fälle zugetragen, bei denen ein Zug vorzeitig in Steinmaur oder Dielsdorf gewendet wurde.» Letzte Woche sei es an einem Tag gleich zweimal passiert. Betroffen seien meistens Züge in den Morgen- und Abendstunden während der Stosszeiten.
Die Gemeinderätin hat sich deshalb mit einem Beschwerdebrief an die SBB gewandt. Die SBB bestätigen fünf Zugausfälle Anfang letzter Woche. Grund dafür sei eine Stellwerkstörung zwischen Zürich-Hauptbahnhof und Hardbrücke gewesen, die grosse Auswirkungen auf viele S-Bahn-Linien hatte. Zu wie vielen Ausfällen es seit der Fahrplanumstellung gekommen ist, konnte das Unternehmen nicht ermitteln.
Zu den Gründen für das vorzeitige Wenden erklärt SBB-Mediensprecher Reto Schärli: «Das neue Angebot nach Niederwenigen funktioniert grundsätzlich gut.» Im Regelfall genüge die Wendezeit in Niederweningen. Bei grösseren Verspätungen sei der Spielraum jedoch eingeschränkt. Grund dafür sei die einspurige Strecke. Daher können sich die Züge nur in Dielsdorf kreuzen. Ein Zug würde jedoch nur im Ausnahmefall vorzeitig gewendet. «Würde die S15 bei einer grossen Verspätung bis nach Niederweningen fahren, wäre sie auch in der Gegenrichtung wieder verspätet unterwegs und das hätte auch Auswirkungen auf viele andere S-Bahn-Linien mit Folgen für das gesamte Netz», erklärt Schärli. Für die verspätete Information entschuldigen sich die SBB. Ziel sei es, die Fahrgäste vor der Einfahrt in Dielsdorf zu informieren. So können die Reisenden in Dielsdorf aussteigen, wo sich die Wartezeit leichter überbrücken lasse als in Steinmaur.
Für Melissa Hösli ist die Sache damit jedoch nicht getan. «Damit sind unsere Fahrgäste noch nicht zu Hause», erklärt sie. Sie fordert deshalb eine geeignete Übergangslösung, etwa einen Wehntaler Bus, der die Fahrgäste bis nach Niederweningen bringt für den Fall, dass wieder ein Zug in Steinmaur oder Dielsdorf strandet. «Jede Wehntaler Gemeinde zahlt 100'000 Franken Akonto pro Jahr an die SBB. Wenn keine gute Lösung gefunden wird, werden wir in Erwägung ziehen, die Gelder zu kürzen», erklärt die Gemeinderätin.
Caroline Bossert
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Und niemand spricht von den Passagieren an den restlichen Stationen (Schöfflisdorf, Oberweningen, Niederweningen), die auf den Zug warten, weil z.B. einen Termin in Zürich (Arzt oder so) haben, oder weil sie in Zürich auf eine IC-Zug umsteigen wollen, wozu man ja dort ohnehin nochmal 20 Minuten wartet. Sie vernehmen ja bloss kurz bevor der Zug da sein sollte, dass er diesmal ausfällt.