Die EU verlangt von der Schweiz die Aufhebung «schädlicher Steuerpraktiken». Dazu zählt sie die hierzulande selektiv gehandhabte Besteuerung von Unternehmensgewinnen: Im Ausland anfallende werden tiefer oder gar nicht besteuert, während inländische zum ordentlichen Satz besteuert sind. So kann es sein, dass eine Firma mit Sitz in Basel im Inland erzielte Gewinne zum Satz von 28,5 Prozent versteuert, während sie die im Ausland erzielten zu einer tiefen zweistelligen Prozentzahl besteuert erhält.
Die Lösung der Schweiz wäre nun, die inländischen, ordentlichen Steuersätze auf das Niveau der steuerprivilegierten Firmen zu senken. Damit würden Steuerprivilegien fast verschwinden. Im Visier der EU stehen Holdinggesellschaften. Sie beteiligen sich an ausländischen Firmen, ohne im Inland tätig zu sein. Umstritten sind auch gemischte Gesellschaften, die Beteiligungen verwalten und in der Schweiz produzieren, forschen, entwickeln oder Dienste erbringen, aber «überwiegend auslandorientiert» sind. Und strittig sind Domizilgesellschaften, auch Briefkastenfirmen (TA) genannt.
In ihrem Wahn, möglichst viele “gute” Steuerzahler anzuziehen, haben die meisten Kantone begonnen, ausländischen Firmen, die gewillt waren, ihr Steuerdomizil in die Schweiz zu verlegen, massive Steuerrabatte zu gewähren. Das nennt sich dann Steuerwettbewerb.
Das heisst natürlich nichts anderes als es wurden Unternehmungen angeworben, welche all die guten Infrastrukturen zur Verfügung gestellt bekamen nebst einigen Steuergeschenken, Firmen welche die hiesigen Infrastrukturen nicht mitgeholfen hatten zu erstellen, und die auch für deren Unterhalt nur reduziert bis gar nichts beitragen müssen. Dabei war abzusehen, dass dieses dauernde sich gegenseitig zu unterbieten irgendwann zu knappen Steuereinnahmen führen würde. Eben erst haben kantonale Politiker dieses Prinzip wieder als besonders “weitsichtig” gepriesen.
Es war ja ebenfalls abzusehen, dass dieses Prinzip den Neid derer heraufbeschwören würde, die es sich nicht leisten können, solche Geschenke zu machen, und die daher diese “guten” Steuerzahler verlieren, was dann einen Druck von aussen garantiert.
Jetzt haben die verantwortlichen Politiker endlich gemerkt, dass es höchste Zeit ist, zu handeln. Und was schlagen sie vor? Sie wollen die Unternehmenssteuern für alle Unternehmungen drastisch senken. Und dies zu einem Zeitpunkt, wo an allen Ecken und Enden das Geld fehlt, um die notwendigen öffentlichen Aufgaben zu bezahlen. Der Bund schiebt die Aufgaben auf die Kantone, die Kantone auf die Gemeinden, welche dann notgedrungen ihre Steuern für die Bürger erhöhen oder den Service abbauen müssen. Das ganze trifft auch noch zusammen mit der Tatsache, dass die Steuerausfälle wegen der Wirtschaftskrise gravierend werden (z.B. zahlen die Grossbanken wegen ihren selbstverschuldeten Defizite auf Jahre hinaus keine Steuern mehr, bei immer noch grosszügigen Boni für die [nicht ganz schuldlosen] Mänätscher). Damit nicht genug. Auch stellen wir fest, dass die Steuerausfälle wegen der unseligen Unternehmenssteuerreform Ⅱ auf Jahre hinaus das Zehnfache von dem, was durch den Finanzminister vor der Abstimmung prognostiziert wurde, ausmachen wird.
Neuestens spricht man von Steuerausfällen von 47 Milliarden Franken. Die Senkung der Unternehmenssteuern wegen diesem Streit wird locker mit Ausfällen von 2 bis 5 Milliarden Franken prognostiziert. Wir scheinen es ja zu haben. Falls dem wieder so falsche Annahmen zu Grunde liegen wie bei der Unternehmenssteuerreform Ⅱ, dann wird das ins Geld gehen und horrende Steuererhöhungen für den einfachen Bürger mit sich bringen.
Wieviel an Steuerausfällen können wir uns noch leisten — zumal wir schon jetzt unsere Infrastrukturen kaum mehr unterhalten, geschweige denn ausbauen können?
Wieviel an Steuerausfällen können wir uns noch leisten — zumal wir schon jetzt unsere Infrastrukturen kaum mehr unterhalten, geschweige denn ausbauen können?
Zugegeben, die gleich tiefen Steuern für alle Unternehmen würde wenigstens etwas zur Rechtsgleichheit der Unternehmen beitragen (siehe Bundesverfassung, Art. 8, Absatz 1). Letztlich bedeutet aber diese Methode «Leben auf Kosten der Zukunft» oder eben auf Kosten unserer Nachkommen. Und was das heisst, das sehen wir heute anschaulich in Griechenland!
Siehe Original-Artikel im
TagesAnzeiger©
(www.zumkuckucksei.net/finsteu/TA-str2.htm)
vom 11. März 2011 und 15./19. März 2012
(Reform Ⅱ).
Siehe Original-Artikel im
TagesAnzeiger©
(www.zumkuckucksei.net/finsteu/TA-str3.htm)
vom 12./17./20./22. Oktober 2012
(Reform Ⅲ).
Siehe Original-Artikel im
TagesAnzeiger©
(www.zumkuckucksei.net/finsteu/TA-20140922-S31.html)
vom 22. September 2014
(Reform Ⅲ).
Beispiel: Ammann-Group (Bundesrat Schneider-Ammann).
Schweizerische Bundesverfassung
Art. 8 — Rechtsgleichheit
Die Bundesverfassung schreibt in Art. 8 zwingend die Gleichheit vor dem Gesetze vor. An anderen Stellen werden dann Ausnahmen von diesem Prinzip erwähnt oder dem Gesetz vorbehalten. Diese Ausnahmen sind meist sinnvoll für das Zusammenleben im Staat. Dazu gehört sicher, dass Schweizer Bürger nicht ausgeliefert werden, sondern hier für Gesetzesbrüche im Ausland abgeurteilt werden. Ebenso sinnvoll ist, dass die Beteiligung an den Gemeinkosten (Steuern) von der wirtschaftlichen Leistungskraft abhängig ist. Solche Unterschiede unterstützen die Gleichheit in einem lebensidealen Sinn; sie sind auch sachbezogen, nicht personenbezogen.
Andere Unterschiede sind etwas weniger plausibel, wenn auch verständlich, weil aus einer bestimmten Situation entstanden. Der Entscheid, ob diese Ausnahmen vom verbrieften Prinzip auch richtig sind, wird da schon schwieriger. Unangenehmer sind dann die Ausnahmen, die aus reiner Profitgier zu Gunsten einzelner oder zu Ungunsten anderer entstehen.
In letzter Zeit machen aber häufig Unterscheidungen nach der Herkunft Schlagzeilen. Da gibt es Gesetze, die Schweizer gegenüber von Ausländern bevorteilen, aber auch welche, die Schweizer gegenüber den Ausländern benachteiligen. Zur zweiten Kategorie gehören vor allem Steuerschlupflöcher. So gibt es Pauschalbesteuerung nur für Ausländer. Warum eigentlich? Wenn ein Ausländer weniger besteuert wird als ein Schweizer in derselben Situation, dann sind das zwei Verstösse gegen das Prinzip der Gleichheit:
Leider steht in der Bundesverfassung “alle Menschen” seien vor dem Gesetzt gleich. Eigentlich wäre es längst an der Zeit, das auf “alle Personen” zu ändern. Damit wären auch juristische Personen betroffen. Dann ginge es nicht mehr an, ausländische Firmen so schamlos zu bevorteilen gegenüber Schweizer Unternehmen — und der Streit mit der EU wegen der Unternehmenssteuern wäre vom Tisch. — Und das ist ja nicht unser einziges Problem mit den Unternehmenssteuern, und auch nicht das einzige mit der EU.
Das absurde Gegenbeispiel zur Ausländerbevorzugung ist wohl der Fall Mörgeli. Als Ausländer müsste der Professor nach den Regeln der SVP augenblicklich und unwiderruflich ausgeschafft werden, als Schweizer wird er wohl um Schadenersatz klagen.
Weitgehend unbekannt ist es, dass die grossen Player (superreiche Personen, Grossfirmen) den Kantonen vorschlagen können, wie sie Einkommen, Gewinn und Vermögen versteuern wollen.
Es genügt in diesen Fällen, mit der kantonalen Steuerbehörde eine Vereinbarung zu treffen — ein sogenanntes Ruling. Dann gibt es eine Vorausveranlagung und die Steuer ist klar.
Siehe
➔TagesAnzeiger©
vom 22. September 2014:
➔www.zumkuckucksei.net/finsteu/TA-20140922-S31.html
(Artikel 2) TagesAnzeiger© vom 22. September 2014:
Die letzte Dunkelkammer — «Rulings»!