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Claudio Sulser, Ex-Präsident der Fifa-Ethikkommission, kritisiert den Entscheid des internationalen Sportschiedsgerichts (TAS), die lebenslange Sperre gegen Mohammed Bin Hammam aufzuheben. Die Ethikkommission hatte ihn im Juli 2011 lebenslänglich suspendiert. Bin Hammam soll Funktionäre bestochen haben. Gemäss TAS fehlen dafür die eindeutigen Beweise. Sulser entgegnet: «Die Beweise waren so gut, wie sie in einem Korruptionsfall sein können.» Sulser hatte Einblick in die Untersuchungsdokumente und trat beim Entscheid zur Suspendierung in den Ausstand.
ZÜRICH — Die Fifa versinkt im Korruptions- und Skandalstrudel — und droht nun auch die Schweiz mitzureissen. Daran ändern auch die Reformmassnahmen des Weltfussballverbands nichts — im Gegenteil. Insbesondere in Deutschland zerzausten Presse und Politik den Fifa-Plan. Jetzt nimmt die deutsche Politik die Schweiz als Standortland ins Visier. Die sportpolitischen Sprecher der Grünen und der SPD greifen den Bund massiv für die gesetzliche und steuerliche Spezialbehandlung von Sportverbänden an. Sportverbände zahlen in der Schweiz kaum Steuern und sind vom Korruptionsstrafrecht ausgeklammert. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster kritisiert: «Wenn die Schweiz keine Richtlinien erlässt, dann macht sie sich mitverantwortlich.» Seiner Kollegin von den Grünen, Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon, ist insbesondere die Untätigkeit des Bundes ein Dorn im Auge. Im Herbst 2011 hatte der Ständerat die Fertigstellung eines Berichts zur Korruption im Sport um ein Jahr verschoben — auf Ende 2012. Laut von Cramon «kein gutes Zeichen.» Die Schweiz müsse beweisen, dass sie nicht vom organisierten Sport kontrolliert werde.
Schweizer Sportverbände sind ihre eigenen Richter
Die Deutschen belassen es nicht bei der blossen Kritik aus der Ferne: Im Frühling 2013 plant der parteiübergreifende Sportausschuss des Deutschen Bundestags, eine Delegation in die Schweiz zu schicken, um der Politik ins Gewissen zu reden.
Es geht dabei um mehr als die Fifa. Die Schweiz gerät als «Dreh- und Angelpunkt der Sportpolitik», so von Cramon, unter Beschuss. Die Schweiz ist Sitz von gegen 70 Sportverbänden und Organisationen. Vom Druck aus dem Ausland will man beim Bundesamt für Sport nichts spüren. Ein Sprecher des Baspo sagt, die Schweiz begrüsse jede Initiative gegen Korruption. Sportorganisationen sollten Vorbilder punkto sauberer Geschäftsführung sein. In der Realität ist die Geschichte der Verbände mit Schweizer Sitz gespickt mit Skandalen: Allein der Internationale Handballverband machte in den letzten fünf Jahren mit getürkten Spesen, Schiedsrichtermanipulationen und geheimen Beraterverträgen von sich reden. Doch die Verbände sind in der komfortablen Lage, ihre eigenen Richter zu sein. Einmischung von aussen droht nicht. Das Bundesamt für Sport weiss heute nicht einmal, wie weit die Verbände bei der Selbstregulierung gehen. Das Baspo sagt, dass eine solche Auslegeordnung Teil des Korruptionsberichts sein wird. Veröffentlichung: Ende Jahr. Eine Vorlage, die Sportverbände dem Korruptionsstrafrecht unterstellen soll, ist ebenfalls in Arbeit. Frist: ein Jahr. Allzu schnell kommt die Schweiz also nicht aus der Schusslinie.
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