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Griechischer Rüstungsskandal

Ermittlungen gegen vier Schweizer

Die Bun­des­an­walt­schaft in Bern er­mit­telt in meh­re­ren Straf­ver­fah­ren ge­gen vier Schwei­zer Top­ban­ker. Ih­nen wird un­ter an­de­rem Geld­wä­sche­rei im Zu­sam­men­hang mit grie­chi­schen Rüs­tungs­be­schaf­fun­gen vor­ge­wor­fen. Drei der vier sind be­reits an­ge­klagt wor­den, der vier­te Ban­ker sitzt in Haft.

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Rüstungsskandal: Drei Schweizer Topbanker angeklagt, einer in Haft

Der Schweizer Finanzplatz ist stärker in die Korruption in Griechenland verwickelt, als bisher bekannt war.

U-Boot und Bischof
In Kiel wurden U-Boote von einem Bischof geweiht: Bei ihrem Kauf soll Schmiergeld geflossen sein. Foto: Tim Riediger (Keystone)
Thomas Knellwolf und Tassos Telloglou

Griechen­land ar­bei­tet sei­ne jün­ge­re Ver­gan­gen­heit auf. Es ist eine kor­rup­te Ver­gan­gen­heit, die nur mit dem Straf­recht be­wäl­tigt wer­den kann — und mit schwei­ze­ri­scher Hil­fe. Denn im­mer wie­der tau­chen in den Er­mitt­lungs­ak­ten Ban­ken aus Genf und Zü­rich auf. Rechts­schrif­ten glei­chen Bran­chen­ver­zeich­nis­sen: UBS, CS, oft Mor­gan Stan­ley Schweiz, fast ein Dut­zend an­de­re fin­den sich da.

Der Schwei­zer Fi­nanz­platz ist viel stär­ker von der Kor­rup­ti­on in Grie­chen­land be­trof­fen, als bis­lang be­kannt war. Und die Bun­des­an­walt­schaft ist zen­tral in die straf­recht­li­che Auf­ar­bei­tung in­vol­viert, die euro­pa­weit statt­fin­det. Die Wirt­schafts­er­mitt­ler in Bern füh­ren be­reits acht eige­ne Straf­ver­fah­ren, wie die Spre­cherin der Bun­des­an­walt­schaft, Jean­net­te Bal­mer, auf An­fra­ge be­kannt gab. Die Er­mitt­lun­gen we­gen Geld­wä­sche­rei und Ur­kun­den­fäl­schung rich­te­ten sich ge­gen vier Per­so­nen und ge­gen un­be­kannt.

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Zweimal Villa durchsucht

Einer die­ser vier Be­schul­dig­ten ist ein Top­ban­ker von der Zür­cher Gold­küs­te. Er ist in der Ad­vents­zeit ver­haf­tet wor­den. Zu­dem sind drei Ver­tre­ter des Gen­fer Fi­nanz­plat­zes En­de Jahr in Grie­chen­land we­gen Geld­wä­sche­rei an­ge­klagt wor­den. Dies zei­gen Re­cher­chen des TA mit der grie­chi­schen Zei­tung «Ka­thi­me­ri­ni» und der «Süd­deut­schen Zei­tung». Schwei­zer Ban­ker müs­sen um ih­re Frei­heit und ih­ren Ruf ban­gen, falls sie beim Schmier­geld­sys­tem eine Schlüs­sel­rol­le spiel­ten — al­len vor­an der in­haf­tier­te. Kon­se­quen­zen be­kam er schon zu spü­ren. Er hat­te lan­ge Zeit bei Mor­gan Stan­ley in Zü­rich eine der höchs­ten Po­si­tio­nen in­ne­ge­habt. Vor­letz­tes Jahr war er zur UBS ge­wech­selt, aber den ho­hen Pos­ten dort hat er be­reits wie­der ver­las­sen. Dies sei frei­wil­lig ge­sche­hen, sag­te der Fa­mi­li­en­va­ter noch vor sei­ner In­haf­tie­rung, aber aus Rück­sicht auf die Bank. Sein Na­me war in grie­chi­schen Me­di­en auf­ge­taucht — im Zu­sam­men­hang mit den Rüs­tungs­skan­da­len. Zu­dem war sei­ne Vil­la an der Gold­küs­te be­reits im ver­gan­ge­nen Som­mer ein ers­tes Mal durch­sucht wor­den. Da­mals kam der Mann ein ers­tes Mal in Haft — al­ler­dings nur für we­ni­ge Stun­den.

Bestechung und Geldwäsche

Zahlungen über die Schweiz

Die kor­rup­ten Prak­ti­ken bei grie­chi­schen Rüs­tungs­be­schaf­fun­gen in den ver­gan­ge­nen bei­den Jahr­zehn­ten be­schäf­tigt die Straf­ver­fol­gung in vie­len Län­dern. Die schwei­ze­ri­sche Bun­des­an­walt­schaft ar­bei­tet be­son­ders eng mit deut­schen und grie­chi­schen Kol­le­gen zu­sam­men. Eine häu­fi­ge Kon­stel­la­ti­on war: Eine Waf­fen­schmie­de aus Deutsch­land stell­te über einen Ver­mitt­ler mit Schmier­geld sicher, dass grie­chi­sche Be­am­te und Mi­li­tärs sich für ih­re Sys­te­me ent­schie­den. Die Zah­lun­gen flos­sen meist in oder über die Schweiz.

Staats­an­wäl­te in Athen und Bre­men er­mit­teln ge­gen Ex­po­nen­ten des Düs­sel­dor­fer Kon­zerns Rhein­me­tall we­gen Kor­rup­ti­on bei Flie­ger­ab­wehr­ge­schäf­ten und der U-Boot-Mo­der­ni­sie­rung. Rhein­me­tall hat kürz­lich in der Han­se­stadt ein­ge­wil­ligt, ein Buss­geld von 37 Mil­lio­nen Euro zu be­zah­len. Auch die Münch­ner und die Athe­ner Staats­an­walt­schaf­ten ko­ope­rie­ren. Bei den Er­mitt­lun­gen we­gen Be­ste­chung und Geld­wä­sche geht es um Pan­zer des Typs Leo­pard 2 und um Pan­zer­hau­bit­zen. Un­ter Ver­dacht ste­hen un­ter an­de­rem Ma­na­ger des Rüs­tungs­kon­zerns Krauss-Maf­fei Weg­mann.   (tok)

Doch seit­her hat sich der Tat­ver­dacht für die Er­mitt­ler und den Zwangs­mass­nah­men­rich­ter er­här­tet. Ein Vor­wurf lau­tet, dass der HSG-Ab­sol­vent be­wusst Geld aus Kor­rup­ti­ons­zah­lun­gen ge­wa­schen hat. Der Zür­cher Ban­ker hat­te dies vor sei­ner In­haf­tie­rung ge­gen­über dem TA grund­sätz­lich be­strit­ten. Er be­schrieb sich als Op­fer von Lü­gen eines Ex-Kun­den: ein we­nig ver­mö­gen­der Cou­sin des grie­chi­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters Akis Tso­chat­zo­pou­los. Die­ser Cou­sin hat­te im­mer wie­der gros­se Sum­men zu Mor­gan Stan­ley ge­bracht. Mitt­ler­wei­le hat er ge­stan­den, dies für sei­nen mäch­ti­gen so­zia­lis­ti­schen Ver­wand­ten ge­tan zu ha­ben, der nun in Athen hin­ter Git­tern sitzt.

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40 Rechtshilfeersuchen

Der Zür­cher Ban­ker ist aber bei wei­tem nicht der ein­zi­ge Ver­tre­ter des Schwei­zer Fi­nanz­plat­zes mit Grie­chen­land­be­zug, wel­cher der Bun­des­an­walt­schaft viel Ar­beit be­schert. Nicht we­ni­ger als zwan­zig Rechts­hil­fe­er­su­chen we­gen Schmier­geld­zah­lun­gen bei grie­chi­schen Rüs­tungs­be­schaf­fun­gen ha­ben die Ber­ner Er­mitt­ler be­reits be­ant­wor­tet. Zwan­zig wei­te­re sind in Be­ar­bei­tung. Die Sa­che nimmt kein En­de. Im jun­gen Jahr ist er­neut eine Bit­te um Rechts­hil­fe ein­ge­trof­fen. Sie be­trifft die An­schaf­fung von He­li­kop­tern des Typs Su­per Pu­ma.

Bis­lang hat die Schweiz vor al­lem Athen mit In­for­ma­tio­nen ver­sorgt, aber auch Deutsch­land, Zy­pern und so­gar Liech­ten­stein ha­ben an­ge­klopft. Al­le in­ter­es­sie­ren sich für ver­däch­ti­ge Geld­flüs­se beim Kauf von Ra­ke­ten für die Flug­zeug­ab­wehr, von Pan­zer­hau­bit­zen oder U-Boo­ten. Un­ter­la­gen von rund 230 Kon­to­in­ha­bern bei 30 Schwei­zer Ban­ken wur­den bis­lang si­cher­ge­stellt.

Auch auf­grund die­ser Do­ku­men­ta­tio­nen ha­ben Athe­ner Staats­an­wäl­te jüngst er­neut einen Schluss­be­richt bei Ge­richt ein­rei­chen kön­nen. Be­trof­fen sind 32 An­ge­klag­te, dar­un­ter drei Ver­tre­ter des Gen­fer Fi­nanz­pla­tzes. Es geht um Ab­wehr­ra­ke­ten und die Aus­stat­tung von U-Boo­ten mit Elek­tro­nik aus Deutsch­land. Grie­chen­land liess sich dies mehr als zwei Mil­li­ar­den Euro kos­ten. Eine Rei­he von In­vol­vier­ten bei die­sen Rie­sen­ge­schäf­ten zweig­te eine Stang­e Geld für sich ab. Dem Trio aus der Schweiz wird Geld­wä­sche­rei vor­ge­wor­fen. Sämt­li­che mut­mass­lich be­sto­che­nen Of­fi­zie­re be­sas­sen, so stellt die Athe­ner Staats­an­walt­schaft fest, Kon­ten bei der Dresd­ner Bank in Genf. Wich­ti­ger Kon­takt­mann dort war ein grie­chisch­stäm­mi­ger Di­rek­tor, wel­cher be­reits beim Sie­mens-Kor­rup­ti­ons­skan­dal eine Rol­le spiel­te. Er wech­sel­te spä­ter zur BNP Pa­ri­bas. Mit­an­ge­klagt ist sein Ex-Vor­ge­setz­ter bei der Dresd­ner Bank und der BNP.

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