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Der Bund bricht erneut ein Informatikporjekt ab

Das Staatssekretariat für Wirtschaft stoppt ein 26-Millionen-Projekt. Es entsteht ein Schaden von mehreren Hunderttausend Franken.

Doris Kleck und Christian Brönnimann Bern

26 Mil­lio­nen Fran­ken woll­te der Bund auf­wen­den, um das Aus­zah­lungs­sys­tem für die Ar­beits­lo­sen­kas­se neu zu pro­gram­mie­ren. Im Jahr 2013 wur­de das In­for­ma­tik­pro­jekt na­mens Asal im Staats­se­kre­ta­ri­at für Wirt­schaft (Se­co) lan­ciert, den Auf­trag er­hielt die IT-Fir­ma CSC. Nun wird das Pro­jekt de­fi­ni­tiv ge­stoppt, wie das Se­co ges­tern mit­ge­teilt hat.

Das Ende kommt nicht über­ra­schend (der TA be­rich­te­te). Be­reits im ver­gan­ge­nen Som­mer hat­te die Eid­ge­nös­si­sche Fi­nanz­kon­trol­le (EFK) er­heb­li­che Prob­le­me und Ri­si­ken aus­ge­macht. Un­ter an­de­rem wie­sen die Prü­fer dar­auf hin, dass der Pro­jekt­lei­ter kaum Er­fah­rung in der Ab­wick­lung gros­ser Pro­jek­te ha­be und auf um­fang­rei­che ex­ter­ne Hil­fe an­ge­wie­sen sei was ho­he Kos­ten ver­ur­sa­che und Ab­hän­gig­kei­ten schaf­fe.

Risiken wurden unterschätzt

Weiter be­män­gel­te die EFK, dass die IT-Fir­ma be­reits ers­te Mo­du­le der Soft­wa­re ge­lie­fert hat­te, ob­schon das Se­co noch in der Kon­zept­pha­se steck­te. Die Funk­tio­na­li­tät der Soft­wa­re konn­te erst zu einem spä­te­ren Zeit­punkt ge­prüft wer­den. Wie der «Ta­ges-An­zei­ger» im Früh­ling pub­lik ge­macht hat, of­fen­bar­ten die Tests grö­be­re Män­gel. Der Pro­gram­mier­co­de der ge­lie­fer­ten Mo­du­le konn­te zum gröss­ten Teil nicht wei­ter­ver­wen­det wer­den.

Boris Zür­cher, der Lei­ter der Di­rek­ti­on für Ar­beit im Se­co und Prä­si­dent der Auf­sichts­kom­mis­si­on für den Aus­gleichs­fonds der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­run­gen, will auf An­fra­ge kei­ne Schul­di­gen für das De­ba­kel be­nen­nen: «Die Kom­ple­xi­tät und die Ri­si­ken des Pro­jekts wur­den von uns wie auch vom Lie­fe­ran­ten un­ter­schätzt.» Das ha­be da­zu ge­führt, dass Ter­mi­ne ver­passt und die Qua­li­tät nicht ge­stimmt ha­be: «Das Pro­jekt ge­riet schlei­chend in Schief­la­ge», sagt Zür­cher.

Verzicht auf Rückforderungen

Dank der en­gen Be­glei­tung des Vor­ha­bens — es han­del­te sich um ein IKT-Schlüs­sel­pro­jekt des Bun­des, das von der Fi­nanz­kon­trol­le durch­leuch­tet wur­de — ha­be man recht­zei­tig Warn­sig­na­le er­hal­ten. Das Se­co gab schliess­lich zu­sam­men mit der CSC bei einer ex­ter­nen Fir­ma ein Gut­ach­ten in Auf­trag. Die­se stell­te fest, dass das Mil­lio­nen­pro­jekt zwar grund­sätz­lich rea­li­siert wer­den könn­te, aber enor­me Ri­si­ken be­stün­den: «Nüch­tern be­trach­tet, konn­ten wir die Ri­si­ken nicht mehr ver­tre­ten», sagt Zür­cher. Das Pro­jekt war in der­je­ni­gen Se­co-Ab­tei­lung an­ge­sie­delt, die von der letz­tes Jahr auf­ge­deck­ten Kor­rup­ti­ons­af­fä­re be­trof­fen war.

Der Projekt­ab­bruch kos­tet die Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung «meh­re­re Hun­dert­tau­send Fran­ken». Man ha­be sich ein­ver­nehm­lich über die Mo­da­li­tä­ten mit der Fir­ma CSC ge­ei­nigt, heisst es im Com­mu­ni­qué. Ge­mäss Bo­ris Zür­cher tra­gen der Bund und die Fir­ma CSC den Scha­den je et­wa zur Hälf­te. Der Bund ver­zich­tet auf die Rück­for­de­rung von be­reits ge­leis­te­ten Zah­lun­gen ein tie­fer ein­stel­li­ger Mil­lio­nen­be­trag. Ge­wis­se Pro­jekt­er­geb­nis­se könn­ten zwar nicht un­mit­tel­bar, aber al­len­falls in Zu­kunft ge­nutzt wer­den, sagt Zür­cher.

Die Firma CSC schreibt eben­falls ge­wis­se Leis­tun­gen ab. Nä­he­re An­ga­ben zur Eini­gung gibt das Se­co mit dem Hin­weis auf Ge­schäfts­ge­heim­nis­se nicht be­kannt. Zür­cher be­tont, dass man mit der CSC nicht im Streit aus­ein­an­der­ge­gan­gen sei: Ziel sei eine mög­lichst güt­li­che Eini­gung ge­we­sen. Denn: Das Se­co bleibt auf das IT-Un­ter­neh­men an­ge­wie­sen. Die CSC ist für die War­tung der ak­tu­el­len Soft­wa­re ver­ant­wort­lich. Sie ga­ran­tiert nun, die­se bis 2021 si­cher­zu­stel­len. Auch die CSC dürf­te an einer güt­li­chen Eini­gung in­ter­es­siert ge­we­sen sein, da sie noch di­ver­se an­de­re In­for­ma­tik­pro­jek­te in der Bun­des­ver­wal­tung be­treut.

Neue IT-Strategie nötig

Im April 2016 hät­te die neue Soft­wa­re ein­ge­führt wer­den sol­len. Dar­aus wird nun al­so nichts der Er­satz bleibt aber ein The­ma. Die Aus­gleichs­stel­le wer­de für die Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung bis zum ers­ten Quar­tal er­neut Lö­sungs­va­ri­an­ten eva­lu­ie­ren, dies im Rah­men einer «Neu­for­mu­lie­rung der IT-Stra­te­gie». Die Aus­zah­lung der Ar­beits­lo­sen­tag­gel­der an die Ver­si­cher­ten sei wei­ter­hin je­der­zeit ge­währ­leis­tet.

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