Zugverkehr zwischen der Schweiz und Italien ist bis 2017 eingeschränkt
Erst nach der Eröffnung der Gotthard-Neat verkehren neue Züge von Zürich nach Mailand.
Von René Lenzin, Lugano
Ab nächster Woche fahren weniger Züge von Zürich nach Mailand, und sie brauchen länger als bisher. Die pannenanfälligen Neigezüge der früheren Cisalpino bleiben bis Ende 2014 in Betrieb. Das waren die bisher bekannten und eher düsteren Perspektiven für Italien-Reisende. Nun aber zeigt sich: Die Misere am Gotthard wird bis 2017 anhalten. Auf die Frage, was nach der Ausmusterung der alten Pendolini geschehe, antwortet SBB-Sprecher Reto Kormann: «Derzeit erarbeiten die SBB das Übergangskonzept nach der Stilllegung der ETR-470-Flotte bis zur Einführung der neuen internationalen Züge, die per Fahrplan 2017 eingeführt werden.»
Das heisst: Neues Rollmaterial, das sowohl für das schweizerische als auch das italienische Stromsystem taugt, kommt erst nach der Eröffnung der Gotthard-Neat zum Einsatz. Und «Übergangskonzept» dürfte bedeuten: Wer von Zürich nach Mailand reist, muss in Chiasso umsteigen oder länger warten, weil die Lokomotive gewechselt werden muss. Von einer solchen Übergangslösung war nicht die Rede, als die SBB das Ende der alten Neigezüge angekündigt hatten. «Aufgrund der geringen Rollmaterialverfügbarkeit sind die SBB bis 2014 auf den Betrieb der ETR-470-Züge angewiesen», hiess es damals bloss.
Hintergrund der Misere ist letztlich das geringe Interesse, das die italienische Staatsbahn Trenitalia dem Verkehr mit der Schweiz beimisst. Ursprünglich war vorgesehen, die alten Pendolini durch Neigezüge des Typs ETR 610 zu ersetzen. Von den 14 Zügen, welche die frühere Cisalpino bestellt hat, kommen aber nur sieben zum Einsatz. Denn Trenitalia setzt seine sieben ETR 610 nicht am Gotthard oder am Simplon ein, sondern im Inlandverkehr. Dies widerspricht der Absichtserklärung, welche SBB und Trenitalia im September 2009 gemeinsam abgegeben haben.
Trenitalia fokussiert seine Ressourcen derzeit fast ausschliesslich auf das Hochgeschwindigkeitsnetz, auf dem die Staatsbahn ab kommendem Jahr der privaten Konkurrenz ausgesetzt ist. Als «Frecciargenta» kommen dort auch die erwähnten sieben ETR 610 zum Einsatz. Unter dieser einseitigen Investitionspolitik leidet nicht nur der Grenzverkehr mit der Schweiz, sondern auch der Regional- und Pendlerverkehr in Italien. Wer ausserhalb der Hauptachsen reist, muss mit Verspätungen, Zugausfällen sowie veralteten und verschmutzten Wagen rechnen.