( Unwort des Jahres 2010 ? )
(lat.: concordantia = Übereinstimmung; concordia = Eintracht / Göttin der Eintracht; concordare = einig sein / einig werden)
Die Schweizerische Bundespolitik beruht darauf, dass alle Meinungen auf den Tisch gelegt werden. Dann rauft man sich zusammen und einigt sich auf eine für alle gangbare Lösung. Dabei soll möglichst keine Meinung von Parteien oder Bevölkerungsgruppen unter den Tisch gewischt werden. Es sollen alle damit leben können.
Im Gegensatz zu einer Diktatur der Mehrheit¹) nennt man das eine «Einigungs-Demokratie» oder eben eine «Konkordanz-Demokratie».
Auch bei der Zusammensetzung des Bundesrates hat man sich einmal geeinigt. Statt nur einen Chef zu wählen, der dann mit seinen gleichgesinnten Günstlingen eine Amtsdauer regiert und möglichst viele seiner Gegner überfährt, und gewitzigt durch das Tohuwabohu in anderen Ländern hat man sich für eine Konkordanz-Demokratie entschieden. Im Falle der Bundesrats-Mandate hiess dies:
Vor einigen Jahren wurde die Regel der Kantonszugehörigkeit abgeschwächt, weil nicht immer die Kantonszugehörigkeit die Vielfalt unserer Kulturen abbildet. Wirtschaftliche Kompetenz scheint zunehmend ebenso wichtig zu sein. So weit, so gut. Schliesslich repräsentieren nicht mehr unbedingt die Kantone die Minderheiten.
Heute wird nur noch von dieser einzigen Einigung gesprochen, wenn man von Konkordanz redet, und am lautesten von denjenigen, die sie schon seit Jahren missachten. “Sich einigen” ist nicht mehr “in”. Es gilt als Schwäche. Der Grind muss durchgesetzt sein, auch wenn es der grösste Blödsinn ist. Das erinnert schwer an das Verhalten von vergammelten Jugendlichen (kommt aber auch im Altersstarrsinn vor).
Einigen tue ich sicher unrecht, wenn ich dieses Parlament als ein Haufen von “Saugofen” betrachte.
Wieder einmal sind mitten in einer Legislatur zwei neue Bundesräte
(Bundesrätinnen) zu wählen.
Und das Geschrei um die Konkordanz ist riesig,
aber mit “Einigung” hat das nicht im entferntesten etwas zu tun.
Im Gegenteil, genau diejenige Gruppe,
die den anderen immer “Sesselkleber” vorgeworfen hat,
und die sich um solche Einigungen bei Bedarf einen Deut kümmert,
genau diese jammert jetzt am lautesten über
ihren Anspruch auf einen Sitz.
(Das ist wohl wohl der Schweizerische
Verband der
Polstersitzer.)
Und erst bei einer Volkswahl des Bundesrates, da liessen wir uns doch jeden Comic-Helden aufschwatzen.
¹) | Diktatur der Mehrheit lässt sich trotzdem nicht immer ganz vermeiden, nämlich genau dann, wenn eine echte Einigung nicht möglich ist. Das ist in diesem Fall zwar keine gute Lösung, aber wenigstens die am wenigsten schlechte. |
²) | Recht des Parlaments gemäss Verfassung |